Tower of Time

Es war einmal …

Ein starkes Erdbeben enthüllt einen gigantischen Turm, der nicht in den Himmel ragt, sondern sich in die Tiefen des Erdreiches hinabzuwinden scheint. Das Land, in dem sich die Geschichte abspielt, zerfällt indessen immer mehr. Angezogen von einer magischen Kraft bahnen wir uns schon im Kindesalter den Weg zum Turm, obwohl uns dies eigentlich streng verboten ist. Eine ominöse Stimme klärt uns darüber auf, dass wir der Auserwählte sind, der das Geheimnis des Turmes lüften soll. Jedoch sind wir – natürlich – noch viel zu jung für diese Aufgabe, und es verstreichen 25 Jahre, bis wir als Befehlshaber der Armee des Königs zum Turm zurückkehren, um dessen Ursprung auf den Grund zu gehen. Im Abenteuer spielen wir sozusagen uns selbst, der vor dem Bildschirm sitzt. Der Spieler wird in Tower of Time nämlich gleichgesetzt mit dem Expeditionsleiter, der auf dem Kristallthron verweilt und seinen Soldaten lediglich bei der Erkundung zusieht und durch die Dungeons leitet.

In die Gewölbe des mächtigen Turmes machen sich zunächst zwei unserer treuesten Recken auf, nach und nach stoßen neue Helden dazu, die die Rassen- und Klassenvielfalt erweitern. Und so steigen wir Stufe um Stufe weiter hinab und ergründen das Mysterium des Turmes, finden verborgene Schätze und erörtern Schicksale der einstigen Bewohner des Gebäudekomplexes.

Tower of Time

… Hübsch, hübsch, hübsch

Optisch ist Tower of Time eine regelrechte Augenweide. Der Titel bietet unheimlich abwechslungsreiche Gebiete verteilt auf 11 Ebenen, die detailreicher und liebevoll inszenierter nicht sein könnten. Magische Brunnen, leuchtende Kristalle und neblige Fackeln sorgen für eine erstaunliche Atmosphäre, die die mystische Stimmung des Spiels gekonnt unterstreicht. Auch das Setting selbst, in welchem auferstandene Skelette, Dimensionsportale, magische Golems und Zauberei gegenüber von Neuzeittechnologien gestellt werden, zieh einen sehr schnell in seinen Bann.

Etwas minimalistisch fällt dafür der Sound aus. Zwar sind die eingebauten Audioaufnahmen stimmig und schön, leider sind es insgesamt jedoch sehr wenige und neigen zur Wiederholung. Es gibt nur einen Sprecher (der mit Rollenspielflair noch gerechtfertigt werden kann) und Umgebungsgeräusche können an einer Hand abgezählt werden. Ein kreischender Oger, zusammenbrechende Steine oder knisternde Fackeln fehlen leider vollständig.

… Klick Klick Klick

Die Steuerung des Ganzen gestaltet sich etwas unübersichtlicher. Auf der Worldmap können wir unsere Helden nur mit den Maustasten steuern und klicken daher wie wild in der Gegend herum, oder halten optional eine Maustaste gedrückt, wodurch sich die Helden immer in Richtung Cursor bewegen.

Anders funktioniert das im Gefecht. Sobald wir auf einen Gegner treffen, haben wir die Möglichkeit, gegen diesen zu kämpfen oder uns zurückzuziehen. Nur selten werden wir in einen Hinterhalt gelockt, aus dem es kein Entrinnen gibt. Bevor der Kampf beginnt, können wir uns mittels einer detailreichen Übersicht schon mal ein gutes Bild unserer Widersacher, sowie deren Stärken und Schwächen machen. Da sich der Schwierigkeitsgrad schon bei „Easy“ sehr anspruchsvoll gestaltet, sollten Ausrüstung, Zauber und Fertigkeitspunkte nach der Begutachtung des Feindes nochmals speziell auf diesen angepasst werden. Ansonsten ziehen wir in Tower of Time schnell den kürzeren.

Aber nicht nur die passende Ausrüstung und Skills der Helden sind unabdingbar für einen Sieg, sondern auch unser taktisches Geschick. Jeder Held agiert individuell und muss im Kampf daher anders gespielt werden. Das richtige Positionieren, Timen der Attacken und rechtzeitiges Zurückziehen der Helden ist also mindestens genauso gewichtig. Mana muss gespart und Attacken sinnvoll eingesetzt werden.

Um einen Helden auszuwählen, müssen wir diesen erst mit der Maus anklicken, was durch die fummelige und teils ungenaue Steuerung etwas schwierig fällt. Erleichtert wird uns die Charakterauswahl daher mit den Tasten 1 – 4, die jeweils einem Gruppenmitglied zugeordnet werden. Dies macht ein schnelles und gezieltes Umschalten möglich. Spezialattacken der Kämpfer können hingegen mit Alphabettasten getriggert werden. Viele benötigen dazu aber dennoch ein Ziel oder einen Platz auf dem Kampffeld, auf dem uns die nicht optimale Zielgenauigkeit dann doch in die Quere kommt.

Damit das ganze Durcheinander etwas übersichtlicher wird, steht es uns in den Kämpfen frei, die Zeit zu verlangsamen. Ohne dieses Feature sind die Kämpfe nur schwer kontrollierbar, selbst mit der Slow Motion noch recht hart. Falls ihr vorhabt „normal“ oder gar einen der beiden schweren Schwierigkeitsgrade zu spielen, solltet ihr euch auf zahlreiche Niederlagen und Neuversuche gefasst machen.

Tower of Time

… Text, Text, Text

„Weniger ist manchmal mehr“ war wohl nicht gerade das Motto der Storywriter von Tower of Time. Endlos lange Textlawinen erwarten uns an jeder Statue, an jeder Kiste und an jedem Baum, den wir im Spiel nur finden. Auch sehr viel sammelbare, storyrelevante Briefe und Notizen finden sich im Spiel und jede Ebene hat gefühlt drei Bibliotheken, in der sich Bücher über diverse Themen stapeln, Dialoge der Charaktere dehnen sich wie Kaugummi. Die regelrechte Bombardierung mit Buchstaben macht natürlich Sinn, da das Ganze wie ein Tabletop-Rollenspiel wirken soll. Auf Dauer sind die zähen, nicht wirklich stilvoll geschriebenen Dialoge, die sich vom Inhalt her ständig wiederholen, sowie die elendig langen, unnötigen Objektbeschreibungen aber einfach nur anstrengend und rufen das starke Bedürfnis hervor, alles immer schneller wegzuklicken. Hier hätte eine deutliche Raffung dem Spiel einen großen Gefallen getan.

Auch in den Tutorials und den komplexen Menüs müssen wir uns durch zahlreiche Textboxen kämpfen. Für Hardcore-RPG-Fans kann dies ein lang erwarteter Segen sein, für den Otto Normalverbraucher wirkt das alles leider nur kompliziert und unübersichtlich – was durch das chaotische Interfacedesign noch verschlimmert wird. Dabei müssen wir uns sehr intensiv mit dem Menü beschäftigen und ein ums andere Mal Attributspunkte zurücksetzen und neu verteilen, um im Spielgeschehen voranzukommen.

Im Dorf

Wenn wir eine Pause von der Erkundungstour benötigen oder unsere Charaktere auf dem momentanen Stand nicht mehr weiter kommen, sollten wir uns zurück ins Dorf begeben. In verschiedenen Einrichtungen können wir gegen Blaupausen Trainingslager aufwerten, in denen unsere Helden dann gegen genügend Kleingeld zweierlei Arten Attributspunkte zugeteilt bekommen. Alternativ können Helden auch in den Baracken trainiert werden und sich den ein oder anderen extra Skillpoint dazu verdienen. Diese können wir einerseits in den Charakterausbau selbst, andererseits in die Skills des Helden stecken. Auf ein Levelsystem mit Erfahrungspunkten wurde im Spiel komplett verzichtet.

Fazit zu Tower of Time:

Tower of Time ist ein recht solider Titel mit wirklich hübscher Optik, spannendem Setting und im Großen und Ganzen liebenswerten Charakteren. Der Mix aus Echtzeit-RPG und Dungeon Crawler hat durchaus seinen Reiz. Für ein Indiestudio ein wirklich großartiges Spiel, dafür alle Daumen hoch. Wie bei den meisten Indietiteln treibt es jedoch auch Tower of Time mit dem Schwierigkeitsgrad auf die Spitze. Schon im normalen Modus wird es schnell sehr frustrierend. Auf dem leichten „Storymodus“ ist das Game meiner Ansicht nach am Angenehmsten zu spielen. Glücklicherweise können wir den Schwierigkeitsgrad im Spiel jederzeit anpassen und haben dadurch auch keine wirklichen Nachteile. Ein paar kleine Schwächen wie die ungenaue Steuerung dürften für echte Fans verschmerzbar sein. Bei den Dialogen und Texten ist ebenfalls noch etwas Luft nach oben. Sowohl die Schreibweise an sich wie auch die Quantität sollten nächstes Mal generalüberholt werden. Falls ihr jedoch auf Oldschool steht und euch gerne in komplexere Menüs einarbeitet, bietet Tower of Time ein durchaus interessantes Abenteuer.

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