Ich glaub’ meine Nase pfeift

Der Aufbau der Welt Asposien, die praktisch ein Hohlraum, statt eines normalen Planeten darstellt sowie die Geschehnisse des Vorgängers werden in einem kleinen Introvideo zusammengefasst, um auch Neulingen eine Übersicht der Ereignisse des letzten Teils zu geben. Wieder schlüpfen wir in die Rolle des naiven Robert, der jedoch die letzten drei Jahre versteinert war, weshalb er nichts von den Ereignissen während dieser Zeit mitbekommen hat. Ein geschickter Kniff, denn dadurch können wir das Abenteuer auch genießen, ohne den Vorgänger gespielt zu haben. Gemeinsam mit Robert erfahren wir, dass statt des im ersten Teil bezwungenen Conroy jetzt die Schreckschraube Emil das Land regiert. Wie seinen Vorgänger und Vorbild prägt auch ihn der Hass auf das Volk der Flötennasen. Er hält sie für Staatsfeinde welche die Basylen, in der Vorstellung der Asposier mächtige bösartige Windgötter, gerufen sowie den Tod Conroys zu verantworten haben. Jetzt lässt er sie systematisch jagen und einsperren, um alle zusammen hinzurichten.Kann ich die Wollmaus hier haben?

Kann ich die Wollmaus hier haben?

Unsere Aufgabe in den nächsten 6 bis 8 Stunden ist natürlich dies zu verhindern, indem wir auf die Suche nach dem letzten Windmönch gehen. Dieser soll den Leuten deutlich machen, dass die Flötennasen keine Verbrecher sind, sondern nur durch sie die Windbrunnen aktiv bleiben, damit die Welt die benötigte Luft zum Atmen erhält. Wie in Point-and-Click-Adventures üblich sind wir die meiste Zeit damit beschäftigt uns mit anderen Personen zu unterhalten, Objekte einzusammeln sowie Rätsel zu lösen. In diesen wird versucht von gegeben Konventionen und Altbekanntem abzuweichen, was jedoch nicht immer gelingt. Die meisten Puzzles sind dabei sehr kreativ gestaltet. So müssen wir beispielsweise einmal beachten, dass unser Aufgabensteller nicht richtig zählen kann. Er will deshalb nicht die vermeintlich richtige Lösung hören, sondern stattdessen eine andere Zahl. In anderen Situationen muss hingegen unheimlich kompliziert um die Ecke gedacht werden. In seltenen Fällen verlangt das Spiel leider auch von euch erst eine spezielle andere Aktion erledigt zu haben, damit die gerade eigentlich richtig ausgeführte Lösung gelingt. Teilweise müssen mehrere der verfügbaren Charaktere benutzt werden, um zum richtigen Ergebnis zu gelangen. Neben Robert stehen dafür in einigen Kapiteln noch zwei weitere Charaktere zu eurer Verfügung. Jeder der drei hat spezielle Talente, die für die richtige Situation ausgewählt werden müssen, was zusätzliches Vergnügen in die Knobeleien bringt. Taube Hack kann an Orte fliegen, für die unsere Arme zu kurz sind und Begleiterin Laura ist oftmals in anderen Levelabschnitten unterwegs. Dafür kann Robert als Angehöriger der Flötennasen auf ebendieser ein Liedchen trällern, um den Wind in eine gewisse Richtung zu lenken. Wer nach endlosem Überlegen immer noch nicht weiter kommt oder einfach nur die Story genießen will, kann jederzeit auf die eingebaute Hilfefunktion zurückgreifen: Dieses weist uns dann erst mit vagen Hinweisen, dann immer genauer auf Aktionen hin, die wir ausführen sollten, damit es weiter vorangeht.

Heil Emil

Wie bereits der Vorgänger kann das Spiel durchaus mit der gesamten Familie genossen werden. Die Vertonung ist sowohl in Deutsch, wie auch in Englisch sehr gut gelungen. Man hört den Charakteren sehr gerne zu, kann direkt mit ihnen fühlen, während auch der Humor perfekt transportiert wird. Wo der erste Teil jedoch besonders durch die fast schon märchengleiche Geschichte voller Humor im Gedächtnis blieb, spricht der Nachfolger trotz der kindlich gezeichneten 2D-Optik, Themen an, die für Kinder nur teilweise verständlich sind und sicher einiges an Aufarbeitung erfordern könnten. Die Conroyalisten, wie sich die Anhänger Emils nennen, sind eindeutig den Nationalsozialisten nachempfunden. Immer wieder kommt es zu großen Reden vor den allzu leicht von der Ideologie der Regierung überzeugten Bewohnern des Landes. Überall prangen die rot, weiß, schwarzen Flaggen des Regimes und der Satz “Heil Emil” ist aus allen Munden zu vernehmen. Hinzu kommt die systematische Verfolgung des Volks der Flötennasen. Diese werden für alles Unglück verantwortlich gemacht. In Gesprächen mit den Anhängern stellt sich heraus, dass diese noch nicht einmal genau wissen, warum genau sie eigentlich auf der Jagd nach den Flötennasen sind. Die viel zu leichtgläubigen uniformierten Wachen tun das, weil es eben so ist. Andere Wutbürger wollen von uns nicht durch Fakten von ihrer Wahrheit abgebracht werden. Ein Statement, das nur allzu gut in unsere aktuelle politische Lage passt. Die Entwickler schaffen dabei den schwierigen Spagat zwischen fröhlicher Heiterkeit und böser Satire. Viele der Gespräche bringen euch durch ihre witzigen Inhalte sogar zu lautem Lachen. Die Atmosphäre geht jedoch zu keinem Zeitpunkt verloren. Zum Beispiel prangert auf den bereits angesprochenen Flaggen natürlich nicht das bekannte Hakenkreuz. Stattdessen wurde dort eine Brezel platziert. Was einen im ersten Moment zum Schmunzeln bringt, lässt einen im nächsten nachdenklich, vielleicht sogar ein wenig entsetzt darüber werden. Der letzte Windmönch ist voller solcher Szenen, die vermeintlich harmlos sind, eigentlich jedoch zu genauerem Nachdenken anregen wollen.

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Fazit

 

The Inner World: Der letzte Windmönch kann leider an vielen Stellen nicht mit der hohen Qualität des Storytelling mithalten. Manche der Rätsel sind ziemlich leicht, andere bereiten uns aber auch Unmengen an Kopfzerbrechen und wir können schlichtweg nicht nachvollziehen, warum gerade diese Lösung nun richtig war. Die Schauplätze innerhalb der einzelnen Kapitel bleiben leider überschaubar klein sowie wenig spektakulär. Optisch präsentiert sich das Spiel mit seinen 2D-Zeichnungen sehr minimalistisch. Es gibt sicher genug Fans dieses Stils, mich konnte er leider nicht allzu sehr überzeugen.

Dafür muss allerdings hervorgehoben werden, wie es sich an Themen herantraut, die viele größere Studios nicht einmal mit der Kneifzange anfassen würden. Die Mischung aus ernster und humorvoller Unterhaltung gelingt dabei perfekt. An jeder Ecke spürt man die Liebe der Entwickler zu ihrer Welt und dass ihnen diese Thematik sehr am Herzen liegt. Durch seine tagesaktuellen politischen Ansichten regt der Titel zu weiterem Nachdenken an. Etwas, das nur wenige Spiele schaffen. Ich kann nur jedem, der auch nur im entferntesten etwas mit Point-and-Click-Adventures am Hut hat, empfehlen einen Blick auf die Geschichte zu werfen.

 

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