Als passionierte Gamer von heute denken wir über Videospiele gern als komplett eigenständiges Medium nach, das kaum noch etwas zu tun hat mit anderen Unterhaltungsformen wie Casino-Spielen, Pinball-Automaten oder auch Kartenspielen wie Poker. Aber viele Gaming-Prinzipien kann man nur verstehen, wenn man sich das Klima anschaut, in dem die ersten Videospiele entstanden sind: Games haben nämlich ziemlich viel gemeinsam mit Glücksspielen wie Poker und haben diese schon oft als Inspiration genutzt. Zeit, sich anzuschauen, wo genau sich das beste Hobby der Welt bei anderen Arten von Spielen bedient hat. 

Die guten alten Zeiten

Wie bitte? Gaming soll Poker und Casino als Vorbilder verwenden? Ja, wirklich: Viele Gamer der heutigen Generation vergessen, dass Videospiele noch vor etwas mehr als einem viertel Jahrhundert eine kaum bekannte Freizeitbeschäftigung für Nerds waren. Erst in den 1980er Jahren kamen mit Arcade-Games wie Pacman oder Donkey Kong die Videospiele zu den Massen – in den 70ern waren sie vor allem Hobbytüftlern und Studenten vorbehalten, die an großen Mainframes oder den ersten Automaten Spiele-Dinosaurier wie das originale Pong zockten. Damals waren die meisten Spiele nämlich vor allem eines: Analog! Wer Anfang der 1970er Jahre Unterhaltung wollte, der konnte entweder ins Kino gehen, oder sich Zuhause mit Spielen wie Monopoly, Mensch ärgere dich nicht oder Poker die Zeit vertreiben. Die allerersten Rollenspiele wie Dungeons and Dragons entstanden genau in dieser kulturellen Umgebung. Wer mehr wollte, als „nur“ mit Karten zu spielen, der schnappte sich Stift und Papier, eine Gruppe fleißiger Mitspieler – und notierte sich im Rahmen selbst erfundener Fantasy-Geschichten eigenständig, über wie viele Health Points, Angriffspunkte und Gold die eigens erfundenen Charaktere verfügten. Erst später, als Heimcomputer wie der legendäre C64 aufkamen, konnten die Rollenspieler diese Berechnungen (sowie das Würfeln) vom PC übernehmen lassen: Die ersten elektronischen Rollenspiele waren geboren. Und auf dieselbe Weise nahmen auch Gesellschafts- und Kartenspiele Einfluss auf die Entwicklung der Videospiele. So gesehen ist es sicher kein Zufall, dass Arcade-Automaten das Setzen von Geld als Geschäftsmodell verwendeten. Mit einem kleinen Betrag kauft man sich eine Handvoll Extra-Leben und versucht mit Pacman oder Mario einen möglichst hohen Highscore zu erzielen. Und ist es beim Pokern nicht ganz genau so? In beiden Fällen stammte der Nervenkitzel daher, dass man um Geld spielte. Und in beiden Fällen spielte Glück zwar eine Rolle – das Können triumphierte am Ende aber doch.

Auch beim Sport gibt es Ähnlichkeiten

Eine weitere Gemeinsamkeit ist das professionelle Spielen: Lange bevor Videogames zum Mainstream wurden, haben die Vorreiter der heutigen Pro-Gamer das gezockt, was damals den meisten Nervenkitzel versprach: Poker. Insbesondere die Variante Texas-Hold’em erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Welche Skills E-Sportler und Profi-Pokerspielen gemeinsam haben? Leidenschaft für die Sache, Konzentration und natürlich eine große Menge an Disziplin. Egal ob E-Sportler oder professioneller Poker-Spieler, gegen die Konkurrenz bestehen kann nur, wer jeden Tag trainiert und sein Leben nach dem Spiel ausrichtet. 

Es gibt sogar Persönlichkeiten wie Johannes „JonnyStoneHS“ Steindl, die vor ihrer Karriere im E-Sport als professionelle Pokerspieler unterwegs waren. Steindl sagte dazu: „Nach zehn Jahren als professioneller Pokerspieler habe ich nach einer Abwechslung gesucht. Da war es für mich nur ein logischer Schritt, meine Karriere als Hearthstone-Profi weiterzuverfolgen.“  Die Überschneidungen beim Skill-Set sind also groß. Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass das Spielen um Geld (die Stichworte sind hier ESL, Dota 2 oder die Fifa eSports League) ebenfalls aus den Bereichen Glücksspiel und Sport stammt! Hätten Spiele wie Poker nicht gezeigt, dass professionelles Zocken ein lukrativer Markt sein kann – sowohl für Spieler, als auch Zuschauer – dann hätten wir heute weder die ausverkauften Hallen bei großen E-Sports Events, noch die astronomisch hohen Preisgelder, an die wir uns inzwischen gewöhnt haben.

Poker in Videospielen

Dass das bekannteste Kartenspiel der Welt auch heute im Gaming-Sektor eine Daseinsberechtigung hat, zeigen schon die zahlreichen Umsetzungen, sowohl als Minispiel, wie auch als vollständiger Titel. Und die Liste ist lang: In Red Dead Redemption kann der Spieler Texas Hold’em sowohl für Cash, als auch in richtigen Turnieren spielen. Rockstar hat viel Wert darauf gelegt, dass die Erfahrung authentisch ist: Mit dem richtigen Equipment ausgerüstet, kann man beim Spiel sogar cheaten. Rauchige Saloons mit markigen Sprüchen gehören selbstverständlich dazu. In The Witcher werden die Poker-Regeln ein wenig verbogen und man muss sich seine Hand in mehreren Runden erwürfeln. Auch Far Cry 3 lässt den Spieler beim Texas Hold’em ran, sogar in vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden – und später in der Story wird das Minigame sogar noch richtig wichtig.

Auch Stand-Alone Titel gibt es genug: Prominence Poker ist das wahrscheinlich beste erhältliche Kartenspiel für Konsolen. Das Gameplay ist sehr arcade-lastig und schnell, wodurch der Titel sich gut für zwischendurch eignet. Auch Titel wie Casino Nights und Full House Poker müssen an dieser Stelle erwähnt werden: Ursprünglich analoge Spiele leben heute oft als digitale Umsetzungen weiter und bleiben dadurch auch in der Gegenwart relevant wie eh und je. Eine weitere Art, wie Gesellschafts- und Kartenspiele sich den modernen Zeiten angepasst haben, sind spezialisierte Anbieter im Internet: So gibt es zum Beispiel Webseiten, auf denen man Poker oder andere Casino-Games spielen kann. Hier ist es dem Spieler möglich, live gegen andere Teilnehmer zu spielen, Highscores zu knacken – oder sich ganz einfach die Zeit zu vertreiben. Da stellt sich die Frage: Ist das jetzt schon ein Videospiel oder ist das noch Poker?

Auch heute noch relevant

Heute stehlen Videogames und Glücksspiele sich nicht die Kundschaft, sondern existieren friedvoll nebeneinander – zum großen Teil, weil sie verschiedene Kunden ansprechen und auch unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen. Dennoch sind die Überschneidungen groß. Mit Umsetzungen von Glücks- und Gesellschaftsspielen in digitale Formen, sowie der Integration von zum Beispiel Kartenspielen in Videogames verschwimmen zunehmend die Grenzen. Red Dead Redemption ist hier das beste Beispiel, weil es Poker dazu verwendet, um die Atmosphäre noch echter wirken zu lassen. Und wer würde sich darüber beschweren? Ganz egal ob Pro-Gamer beim E-Sport oder Hobby-Zocker auf der heimischen Couch: Wer Spiele mag, der hat ganz sicher auch mit den Klassikern der Glücksspiele seinen Spaß. Letztendlich ist es den erwähnten Beispielen zu verdanken, dass Videospiele heute da stehen, wo sie hingehören – in der Mitte der Gesellschaft. In diesem Sinne: Auf ein frohes gemeinsames Zocken! Ganz egal auf welche Art.

Bilder: Pixabay (TheAndrasBarta), Pixabay (railaspindolabirds)

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