Ein neuer Boss ist im Land

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Die Tom Clancy’s Ghost Recon-Reihe findet mit ihrem zehnten Spiel „Wildlands“ den Weg auf die Next-Gen-Konsolen. Wer sie noch nicht kennt… Die Ghosts sind eine fiktive Militäreinheit der US Army. Ausgewählt aus den Besten der Besten mit Auszeichnung werden die Ghosts in einem Team von vier Mitgliedern auf eher unkonventionelle Einsätze in feindlichem Territorium geschickt. Ausgestattet mit der besten Ausrüstung, die das Militär zu bieten hat, muss das Team Konflikte verhindern bevor sie ausbrechen. Hierbei wird nur das Ziel definiert, der Weg dorthin bleibt offen. Somit bleibt den Spezialkräften genug Handlungsspielraum, um mit der nötigen Diskretion und Professionalität den Einsatz erfolgreich abzuschließen.

In dem neuesten Abenteuer der Ghosts geht es in ein fiktives Bolivien in naher Zukunft. Unter dem Joch des Santa-Blanca-Kartells entwickelt sich Bolivien zu einem der führenden Produktionsländer von Koka, dem Rohstoff für Kokain. Der Anführer, El Sueno, zwingt dem Land seinen Willen auf, den er angeblich als Kind von der Schutzheiligen Santa Muerte auferlegt bekommen hat. Man muss schon sagen, dass der am ganzen Körper tätowierte Anführer im Eröffnungsvideo Charisma ausstrahlt und man ihm doch die Flausen aus dem Kopf schlagen möchte. Doch wie hat er es geschafft, so mächtig zu sein? Ganz einfach. Das Kartell basiert auf vier Pfeilern: Schmuggel, Beeinflussung, Sicherheit und Produktion. Um den Kopf der Schlange zu stürzen, müssen mindestens zwei Pfeiler mit ihren Anführern aus dem Weg geräumt werden. Und um dorthin zu gelangen, müssen erstmal die jeweiligen Anlagen außer Gefecht gesetzt werden. Soviel zur groben Story.

Im Fadenkreuz

Alle Mann aufsitzen!

Als die Open-Beta im Februar dieses Jahres stattfand, konnte man sich bereits einen ersten Eindruck von dem verschaffen, was uns im Spiel erwarten sollte. Interessante Koop-Missionen in einem fast unendlichen Bolivien waren das Ziel. Ich muss zugeben, dass ich beim Spielen des fertigen Spiels für einen Augenblick vergessen hatte, wie detailgetreu die Ghost Recon-Reihe ist. Im anfänglichen Tuturial, bei dem man ohne Umschweife in die Operation Kingslayer eingeführt wird, wurde ich von einem Schuss aus der Nähe so gut getroffen, dass ich erstmal umfiel. Gottseidank hat man ja seine drei Kameraden mit, die einen einmal pro Schusswechsel aus der Patsche holen können. So konnte die Mission unter der Zusammenarbeit zwischen der CIA, der Ghosts und von örtlichen Rebellen weitergehen. Hat man das Tutorial durch und sich mit der Steuerung und den Elementen des Spiels vertraut gemacht, kann es mit dem Erkunden auch schon losgehen.

Angriff auf eine wichtige Raffinerie

Wie bereits schon erwähnt, müsst ihr über Umwege zum großen Obermacker gelangen. Hierfür tun sich je nach Fortschritt und Erkundungsgrad immer neuere Missionen auf, die entweder starr sind oder quasi im Vorbeigehen aufploppen. Im Zuge der Erkundung könnt ihr euch aber auch selbst Informationen über Missionen oder Standorte von Ausrüstungsgegenständen beschaffen. Letztere sind doch ziemlich vielschichtig. Ubisoft hat gefühlt so jede Knarre im Arsenal, die es gibt. 50 verschiedene habt ihr zur Auswahl. Im Endeffekt braucht es aber nicht mehr, als die Waffen, die ihr zu Beginn zur Verfügung gestellt bekommt. Diese könnt ihr durch Teile, die überall versteckt sind, modifizieren. So erhaltet ihr auch Fertigkeitspunkte, um eure Fähigkeiten zu Verbessern. Ein gutes Beispiel ist hier die Aufklärung. Mit im Gepäck durch Bolivien habt ihr auch eine kleine, ferngesteuerte Drohne. Bevor ihr also blindlings ins Getümmel stürmt lohnt es sich, vorher die Drohne loszuschicken, um die Umgebung zu sondieren. Anfangs ist euer Suchradius extrem beschränkt und auch die dazugehörige Akkuleistung lässt recht schnell nach. Durch die Fähigkeitspunkte könnte ihr diese verbessern und auch beispielsweise um verschiedene Sichtmodi erweitern. So habt ihr die Möglichkeit, in verschiedenen Bereichen eure Fertigkeiten auszuweiten und eure Ausrüstung zu verfeinern. Ein sehr interessantes „Gimmick“ ist der sogenannte Synchronschuss. Durch die Aufklärungsarbeit könnt ihr die vermeintlichen Ziele ausmachen und direkt für eure Mitkämpfer kennzeichnen. So könnt ihr entweder in Ruhe die Ziele von euren Kameraden auslöschen lassen oder eben simultan, wenn ihr selbst schießt. Nicht so ganz nachvollziehbar ist die Tatsache, dass man diese Fertigkeit ebenfalls ausbauen muss, obwohl man drei Schützen im Gepäck hat.

Apropos Gepäck…eure Waffen könnt ihr bei den gut verteilten Munitionskisten jederzeit austauschen und so für die bevorstehende Mission zusammenstellen. Die verschiedenen Arten der Mission bewegen sich zwischen Auslöschen von Basen, Informationsbeschaffung und dem Kapern von Konvois. Letztere dienen euch, um Sympathien bei den örtlichen Rebellen zu erlangen, die euch mit der Zeit freundlich zur Seite stehen. Diese sind nicht zu unterschätzen. Je nach Fortschritt könnt ihr euch Fahrzeuge, Überraschungsangriffe oder Ablenkungsmanöver anfordern, um euer Ziel zu erreichen. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten, um sie zu erreichen. Wer gerne in Rambo-Manier das Kartell aufmischen möchte kann dies durchaus tun. Vollgepackt mit Munitionsgürteln und Handgranaten stürmt ihr so durch den Vordereingang, um den feindlichen Leutnant auszumachen und zu befragen. Doch ziemlich oft werdet ihr dann die Meldung „Mission gescheitert“ erhalten. Um wirklich an sein Ziel zu gelangen, ist eine solide Aufklärung wichtig, um alle Ziele auszumachen und diese nach und nach aus dem Verborgenen oder mit Synchronschuss zu eliminieren. Im weiteren Verlauf zeigt sich diese Art der Missionsbewältigung als äußerst fruchtreich, jedoch auch als ziemlich eintönig.

So kommt man auch an Informationen…

Zuviel Platz und zu wenig Abwechslung

Das Areal von Wildlands ist wirklich enorm. Die Landschaft gleicht wirklich einem echten Bolivien, so dass es, verbunden mit der Hintergrundgeschichte, kein Wunder ist, dass Bolivien sich bei den Franzosen wegen der Detailtreue und der Story beschwert hat. Das ändert aber nichts an den Erkundungsmöglichkeiten, die optisch größtenteils sehr beeindruckend sind. So groß und gewaltig alles auch ist, so starr und eintönig wirken die Details. Wo man in einer Ortschaft Trubel und Leben erwartet rennen bestenfalls eine Handvoll Zivilisten herum, die beim ersten Anblick einer Waffe wegrennen oder sich schützend zu Boden fallen lassen. Die zu bekämpfenden Soldaten sind aber auch nicht wirklich die hellsten Kerzen auf der Torte. Unabhängig von der eingestellten Schwierigkeit war es oft sehr leicht, die Feinde anzuheizen und dann in einen Hinterhalt zu locken. So kann man einfach innen auf den Hauseingang zielen und warten, bis die Ziele vor die Flinte rennen. Man muss jedoch aufpassen, dass man nicht in ein Wespennest sticht und sich zu viele Feinde schafft. Je nach „Bekanntheitsgrad“ bekommen die Kartell Schurken Unterstützung vom korrupten Militär, das wiederum durchschlagendere Waffen nutzt.

Schier unendliche Weiten

So hangelt man sich von Mission zu Mission. Man sammelt Punkte bei den Rebellen, findet hilfreiche Informationen über Zubehörteile und Trophäen und kommt so den Anführern der vier Sparten näher um dann im finalen Gefecht dem charismatischen Oberboss die Stirn zu bieten. Mit der Zeit ist der Weg dorthin im Single Player recht eintönig. Die Missionen wiederholen sich und die Fahrten oder Flüge grenzen an Tortur. Hat man es mit der Aufklärung raus, darf man nichts Großartiges mehr erwarten und kommt so nach etwa 27 Stunden bereits zum Spielende, sofern man nur die Mindestbosse erledigt.

Der Koop-Modus hingegen ist wirklich motivierend und verspricht mit einer guten Gruppe auch witzig zu werden. Beim Testen sorgte der Multiplayer Modus in der Redaktion für einige Lacher aber auch für einige weitere Kritikpunkte. Die Spielphysik, so schön auch die Umgebung ist, ist teilweise echt mies. Im vollgepackten Jeep bretterten wir über Stock und Stein und konnten ohne Probleme aus der Fahrertür hängen und Zielen, ohne aus dem Auto zu fallen. Auch Kollisionen mit anderen Fahrzeugen oder mit Wänden werden nicht mit einem Herausschleudern bestraft. Aber das ist auch nicht allzu tragisch, wenn man mit drei Kumpels die Missionen von Wildlands zusammen bewältigt und für Ordnung sorgt. Wer dabei auch noch sein Smartphone einbinden möchte bekommt mit der App „Ghost Recon Wildlands HQ“ eine Karte für den Einsatz und ein kleines Minigame, um an Ressourcen und Co zu kommen.

Welches Gefährt darf es sein?

Fazit

Mit dem Release von Ghost Recon Wildlands, zwei Wochen nach der offenen Beta, sind leider einige Punkte geblieben, die dort bereits bemängelt wurden. Die schlechte Physik und die teilweise leere Umgebung lassen die Qualität des Spiels schmälern. Hinzu kommt die fade Story, die im Grunde nur durch das Abklappern von einzelnen Missionen besteht. Zwar wurde das Santa-Blanca-Kartell schön entwickelt und auch mit seinen vier Pfeilern sinnig aufgestellt. Warum und wieso es überhaupt so weit kam und was letztlich mit dem charismatischen Anführer passiert hätte definitiv besser erzählt werden können. So wirken die zu erfüllenden Missionen im Singleplayer irgendwann nervig und monoton. Der Multiplayer hingegen ist wirklich sehr interessant und verspricht einiges an Spielspaß. Hier kann es mitunter amüsant sein, wenn man mit drei Kumpels im Jeep durch die Gegend fährt und die Missionen nach und nach abklappert. Zufällige Ereignisse, wie Konvois kapern, nimmt man dabei auch einfach mal mit oder man wechselt von Boden auf Fluggefährt, um mit der Crew etwas Anderes an den Job zu gehen. Dies kann man auch mit anderen Spielern im öffentlichen Bereich machen, was ebenfalls durchaus witzig sein kann. Befehle und Koordination erfolgt bestenfalls über ein Headset. Ubisoft wollte mit der Fortsetzung der Ghost Recon Reihe etwas Großes und Neues schaffen. Man muss sagen, dass dies zum Teil erfüllt wurde. Die Mankos hinsichtlich Story, Physik und KI gilt es für eine mögliche Fortsetzung zu beseitigen. Wem das Genre und das Szenario zusagt, sollte zugreifen und seine eigenen Erfahrungen machen. Am besten jedoch, wenn das Spiel einige Zeit im Laden war.

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