Manchmal wecken neue Spiele alte Erinnerungen. Während der Downloadbalken sich bei Steam langsam füllte, habe ich überlegt wann ich zum letzten Mal ein Spiel dieses Genres gespielt habe. Muss auf jeden Fall lange her sein, denn wirklich erinnern konnte ich mich nicht. Also habe ich eine Suchmaschine angeworfen und ein wenig die letzten Erinnerungsfetzen eingegeben um dann irgendwann beim F1 Manager 96 zu landen. Genau. Der war es. Was habe ich mir damals die Nächte mit Michael Schumacher, Damon Hill, Jaques Villeneuve, Mika Hakkinen und wie sie alle heißen um die Ohren geschlagen.

Knapp 20 Jahre später kehre ich nun in das Genre der Motorsport-Manager zurück und verrate euch im folgenden Test, ob auch das gleichnamige Spiel das Potenzial für durchgezockte Nächte hat.

Vom Smartphone auf den PC

Das Spiel basiert auf den erfolgreichen iOS und Android Veröffentlichungen, die schon seit einiger Zeit auf dem Markt sind. Der kleine Entwickler Playsport Games hat diese als Grundlage genommen und für den PC angepasst, ausgebaut und optimiert. Neben der PC-Version lassen sich via Steam auch Versionen für MacOS und Linux herunterladen.

Das Hauptmenü. Der Schwerpunkt liegt auch hier klar erkennbar auf der Karriere

Aber nun genug der Theorie…

Nach einem stimmungsvollen Intro begrüßen mich Im Hauptmenü die Möglichkeiten zum Start einer Karriere, eines Einzelrennens und verschiedene Herausforderungen, bei denen die Vorgaben fest sind und die mitunter recht knackig sein können. Außerdem ist die Integration des Steam Workshops geplant, der aber zum Zeitpunkt des Tests (Mitte Januar 2017) noch nicht verfügbar ist. Das Spiel richtet sich übrigens an Einzelspieler, ein Mehrspielermodus ist nicht vorhanden.

Das Herzstück eines Managerspiels ist natürlich der Karrieremodus in den ich mich direkt gestürzt habe. Die Erstellung meines Charakters ist schnell gemacht: ich gebe meinem Alter Ego einen Namen, wähle ein Land aus und gebe ihm oder ihr einen passenden Look mit auf den Weg. Das ist alles sehr rudimentär, etwas interessanter ist da die Wahl der Vorgeschichte, wobei meine Biographie auf einen „ehemaligen Fahrer“ fällt. Das sollte doch eine gute Voraussetzung für einen Motorsport Manager sein und bringt zudem einen Bonus auf die Fahrermoral mit sich. Nett.

Nun folgt noch die Entscheidung für eine Rennserie und ein Team. Es gibt 3 verschiedene Meisterschaften, wobei die höchste Serie quasi einer F1 Saison entspricht, denn hier gibt es 16 Rennen auf 16 Strecken. Die beiden unteren Serien sind kürzer und die Anforderungen etwas geringer. Ich entscheide mich hier für die kleinste Klasse, sicherlich nicht das Schlechteste für den Start.
Danach geht es zur Auswahl des Rennstalls und spätestens hier fällt ein erstes kleines Manko auf: das Spiel besitzt leider keiner offiziellen Lizenzen und Fahrer und Boliden haben Fantasienamen. Wobei jeder Rennsport-affine Spieler alleine vom Aussehen der Flitzer auf den jeweiligen realen Rennstall schließen kann. 😉

Bei der Teamwahl gibt es u.a. zu beachten welche Erwartungen an uns als Manager gestellt werden und welcher Druck somit auf den Fahrern liegt. Man kann bei einem Favoriten-Team anheuern und viel Geld verdienen, hat dabei aber immer das Risiko der hohen Erwartungen und Ziele im Nacken. Oder es geht zu einem schwächeren Team, wo man weniger Erwartungen und Druck auf den Schultern hat, dafür aber schlechter entlohnt wird.

Die Anlehnung an die roten Flitzer aus Maranello ist hier sicher kein Zufall.

Gentlemen. Start your engines.

Mit dem ausgewählten Team geht es dann direkt auf die Strecke. Das erste Rennen ist gleichzeitig ein gutes und umfassendes Tutorial, welches auf alle Aspekte des Spiels kurz eingeht. Auch wenn hier ein wenig der Fluss aus dem Rennen genommen wird: nehmt es mit und lasst Euch die Spielelemente erklären.

Das Spielgeschehen wird aus einer isometrischen Vogelperspektive gezeigt, die Kamera kann jederzeit gezoomt und gedreht haben, was aber während eines Wettbewerbs keinen wirklichen Mehrwert bietet. Schick sieht es aber aus.

Während des Rennens gilt es nun, die beiden Teamfahrer im Blick zu haben und ihnen entsprechende Befehle zu geben. Ein wichtiges Element sind natürlich die Reifen. Es stehen jedem Team (wie im richtigen Rennzirkus) gewisse Sätze an Reifen zur Verfügung. Spannung bringen hier die Streckenverhältnisse ins Spiel, so bekommt die Piste im Verlauf eines Rennens immer mehr Grip, was Reifen und Fahrer natürlich mögen. Auf der anderen Seite klebt man immer mit einem Auge an der Wettervorhersage, denn naturgemäß kann feuchtes Wetter ein ganzes Rennen auf den Kopf stellen. Entsprechend kann ein einziger Reifenwechsel über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Nicht minder wichtig ist natürlich der Treibstoff und die Teile der Rennwagen. Letztere verschleißen und sollten rechtzeitig repariert werden, genauso wie natürlich rechtzeitig Sprit in den Tank gepumpt werden sollte.

Diese Entscheidungen machen zusammen mit den Anweisungen an den Fahrer jedes Rennen zu einer richtig spannenden Kiste. Pushe ich meine Fahrer und riskiere Fehler und nehme in Kauf, dass Reifen schneller abgefahren werden und mehr Benzin pro Runde verbraucht wird? Oder gebe ich eher zurückhaltende Befehle und schone Material und Fahrer? Es liegt wirklich ganz an einem selbst. Dadurch kommt es immer wieder zu starken Momenten. Ich bin z.B. einmal sprichwörtlich mit dem allerletzten Tropfen Benzin ins Ziel gerollt und konnte damit knapp den Sieg einfahren.

Der Rennbildschirm. Hier gilt es alle Infos im Auge zu behalten.

Das Leben als Manager ist herausfordernd 

Abseits der Rennwochenenden wartet im Hauptquartier viel Arbeit auf den aufstrebenden Manager. Entscheidungen mit großer Tragweite müssen permanent getroffen werden und es gilt einen erfolgreichen Weg für sein Team zu finden. Wichtige Punkte sind hier die Verbesserungen am Auto und der Ausbau der Infrastruktur. Jeder Fortschritt bringt hier Vorteile mit sich, aber wie im echten Leben kann man nicht alles auf einmal erledigen und sollte sich überlegen wo man die Prioritäten setzt.
Als „Mutter für alles“ muss ich mich auch um meine Fahrer kümmern, eine schlagkräftige Crew auf die Beine stellen, Sponsoren akquirieren, Scouting betreiben und einiges mehr. Und natürlich ist Geld hier das A und O, alles muss mit einem Blick auf das Budget geregelt werden.

Es gibt also genug Möglichkeiten und Stellschrauben an denen man sich austoben kann. Für den Preis des Erfolges kann man sogar Umbauten vornehmen, die nicht ganz dem Reglement entsprechen. Erwischen lassen sollte man sich dabei aber nicht…

Das Hauptquartier ganz zu Anfang der Karriere.

Klingt gut, sieht gut aus, reicht technisch aber nicht ganz für’s Treppchen

Neben vielen schicken Texttafeln und Menüs, durch die man sich genremäßig klicken muss, kommt das Spiel auch mit einem sehenswerten 3D Modus daher. Dieser ist technisch sicher nicht spektakulär, bringt das Renngeschehen aber sehr charmant rüber. Ich sehe das Geschehen aus der Vogelperspektive und durch die Tilt/Shift Option hat die Darstellung etwas von einem Rennen auf einer Modellbahn. Dazu gibt es eine frei dreh- und zoombare Kamera und ein paar nette Effekte wie Spiegelungen, Wettereffekte und verschiedene Lichtstimmungen. Eben immer passend zur Strecke und zum Renngeschehen. Optional gibt es noch einen 2D Modus für langsame Rechner, der das Rennen in einer festen Draufsicht zeigt.

Soundtechnisch hat Playsport Games saubere Arbeit abgeliefert, die Motoren und Renneffekte klingen nachvollziehbar durch die Boxen und tragen viel zum Rennsportfeeling bei. Leider hat man auf eine Sprachausgabe verzichtet, so dass z.B. die Ansagen aus der Box nur simple Texttafeln sind.

Die Strecke ist nass, nun ist die richtige Taktik entscheidend.

Fazit

Zugegeben: ich war skeptisch, weil der Titel auf einem Mobilspiel basiert und entsprechend waren meine Erwartungen eher niedrig. Diese Skepsis hat sich aber direkt mit der ersten Spielsitzung gelegt.
Playsport Games ist es gelungen den Rennzirkus auf den PC zu bringen. Die Präsentation ist gut und in Sachen Spieltiefe und Umfang konnte es mich absolut überzeugen. Hier hatte ich aufgrund der mobilen Wurzeln des Spiels mit weitaus weniger gerechnet.

Die einzelnen Zahnräder greifen nachvollziehbar ineinander und das Rennsportfeeling wird gut transportiert. Durch etliche Optionen kann jeder Spieler das Spiel auf seine Bedürfnisse abstimmen. Es ist nicht nötig jedes Training und das Rennen über volle Distanz (da reden wir durchaus von bis zu 2 Stunden) zu fahren, aber es ist möglich und jede Herangehensweise macht Spaß.

Um dann auch wieder den Bogen zur Einleitung zu spannen: ja, der Motorsport Manager hat durchaus das Potenzial für durchzockte Nächte.

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