Ich liebe Zwerge und halte sie für eins der coolsten Fantasy-Völker, welches leider selten als Haupt-Protagonist herhalten darf. Umso mehr habe ich mich gefreut als ich von der Ankündigung des Spiels gelesen habe. Endlich dürfen meine kleinen Helden die Hauptrolle in einem Videogame spielen.

Als Grundlage dient dabei die populäre und erfolgreiche Zwergen-Romanreihe des deutschen Schriftstellers Markus Heitz, welcher übrigens auch in die Entwicklung des Spiels mit einbezogen wurde. Mittlerweile gibt es 5 Bücher, das Spiel basiert auf dem ersten Roman, der 2003 erschienen ist.

Für die Umsetzung zeigt sich das kleine, unabhängige Bremer Entwicklerstudio von King Art verantwortlich. Neben Browser Games und kleineren Projekten stammen aus dieser Spieleschmiede auch Titel wie „The Book Of Unwritten Tales“, „Battle World: Kronos“ und „The Raven“. Eine gewisse Expertise in Strategiespielen und Storytelling ist also gegeben. Zur Finanzierung stieß man ein Crowdfunding an, welches man im Oktober 2015 erfolgreich abschließen konnte.

Nun ist das Spiel vor wenigen Tagen für den PC (plus Mac und Linux), die PS4 und die Xbox One erschienen und ich habe mich mit den kleinen Burschen durch das geborgene Land gekämpft und möchte Euch im Folgenden einen kleinen Einblick geben.

Tungdil Bolofar. Der Held unseres Abenteuers.

Auf in die Schlacht

Das Hauptmenü gibt mir unmissverständlich klar: hier gibt es keinen Multiplayer, keine Szenarien, keine sonstigen Modi, sondern nur die Einzelspieler-Kampagne. Nach einem Klick auf eben diese und ein paar kurzen Szenen zur Einführung der Story finde ich mich im Prolog und am Rande einer großen Schlacht wieder. Ich sehe und höre dutzende CPU-Gegner und geschätzt eine Handvoll CPU-Mitstreiter. Es sieht nach einer schieren Übermacht des Gegners aus, aber im Prolog nimmt mich das Spiel zum Glück an die Hand. Ich bekomme nach und nach die Steuerung und das Gameplay erklärt, so dass ich diesen ersten kurzen Teil erfolgreich absolvieren kann und einen Einblick habe, was mich im weiteren Spiel erwartet.

Mächtige Fertigkeiten verschaffen uns einen Vorteil auf dem Schlachtfeld.

Rollenspiel light

Apropos Gameplay: das Spiel war für mich seit Ankündigung eigentlich immer ein reines RPG. Das wird dem Spiel aber nur bedingt gerecht bzw. schürt vielleicht in manchen Punkten auch falsche Erwartungen. Klar, im Kern ist es ein Rollenspiel. Man übernimmt die Rolle von Tungdil Bolofar, dem Helden der Zwerge-Reihe und schart so nach und nach seine Begleiter um sich und zieht mit bis zu 3 von ihnen in die Schlacht. Levelaufstiege bringen neue Fertigkeiten, teilweise darf man hier wählen, teilweise sind die Upgrades aber auch vorgegeben. Das Team hat dadurch viele verschiedene Fähigkeiten und Fertigkeiten und die richtige Wahl eben jenes Teams aus 3 CPU-Mitstreitern ist entscheidend für den Ausgang einer Schlacht.

Das Ganze ist allerdings  ziemlich limitiert und wer auf freie Charakterentwicklung und – anpassung steht und gerne „lootet und levelt“ wird bei „Die Zwerge“ eher nicht glücklich.

Auch ruhige Passagen kommen nicht zu kurz.

Mein bester Freund: die Leertaste

Das Kampfsystem setzt auf Echtzeitkämpfe in Verbindung mit dem wichtigen Feature der Pausefunktion. Die Kämpfe laufen in Echtzeit ab, lassen sich aber jederzeit durch einen Druck auf die Leertaste pausieren. Während der Pause hat man genug Zeit das Schlachtfeld zu überblicken und die richtigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Und man sollte durchaus häufig diese Funktion nutzen, denn mit stumpfem „Hau drauf“  kommt man nicht weit. Ich war häufiger in der Situation, dass ich mich ziemlich hilflos gegenüber den anrückenden Gegnergruppen gefühlt habe, mir dann aber mit dem Druck der Leertaste und dem überlegten Einsatz der Stärken meiner Truppe, die Kampfhoheit zurückgeholt habe.

Wie schon oben angerissen führt man eine Truppe aus 4 Zwergen durch den Kampf, wobei man jederzeit zwischen den Charakteren wechseln kann, die CPU übernimmt dann die Kontrolle der anderen 3 Gruppenmitglieder. Dynamik kommt durch den Einsatz der Spezialfähigkeiten aufs Schlachtfeld. So gibt es Sprungattacken, die Gegnerhorden auseinandertreiben oder eine Art Rammangriff, bei dem man ganze Gruppen in den Abgrund schicken kann. Es gibt natürlich noch einige mehr, die sich auch taktisch verketten lassen. Natürlich kann ich diese Fähigkeiten nicht unbegrenzt einsetzen, diese kosten Skillpunkte, die ich durch das Töten von Gegnern auffüllen kann.

King Art selbst bezeichnet das Spiel übrigens als „taktisches Rollenspiel mit einem herausfordernden Play & Pause Gameplay“ (frei übersetzt). Das bringt es gut auf den Punkt. Taktik und das Nutzen der Pause sind hier der Schlüssel zum Erfolg.

In den Massenschlachten gilt es den Überblick zu behalten.

Spielen. Lesen. Hören. Spielen. Lesen. Hören.

Einen großen Teil des Spiels macht die Weltkarte aus. In dieser ziehe ich eine klassische Spielfigur mehr oder weniger frei über 300 Wegpunkte. Zwischen den großen Kämpfen gibt es so immer wieder Abwechslung in Form von Nebenquests und anderen Ereignissen. Das Vorankommen wird hervorragend transportiert. Auf der einen Seite durch die wirklich gute Synchronisation und den passenden Erzähler. Auf der anderen Seite durch Texte und Dialoge, die sich aufgrund der Roman-Vorlage hervorragend lesen. Die Abwechslung aus Kampf, Karte, Geschichte und Erzählung ist hier wirklich gut gelungen. Egal ob Kenner der Bücher oder Neuling, hier wird jeder gut bedient.

Die Weltkarte bietet viele Wegpunkte.

Technik – Ein zweischneidiges Schwert

Das Spiel hat technisch ganz klar seine gewissen Momente, wenn z.B. dutzende Einheiten eine Massenschlacht austragen, was in Bewegung klasse aussieht. Auch sind die Zwischensequenzen stimmungsvoll und die Sprecher bzw. die ganze Synchronisation nahezu an der Perfektion. Aber es gibt auch Dinge, die das Gesamtbild trüben: es fehlt an Details, Umgebungstexturen sind matschig und die Framerate ist selbst auf einem schnellen Rechner in gewissen Szenen wackelig. Dazu sehen manche Charaktermodelle in den Zwischensequenzen aus wie missratene Figuren aus einem Wachsfigurenkabinett. Zudem kam es ab und an zu Audio-Fehlern. Aber ich will fair bleiben: hinter „Die Zwerge“ steht ein kleiner Indie-Entwickler und kein Triple-A-Studio. Daran gemessen hat das Entwicklerteam einen guten Job geleistet.

Getestet habe ich übrigens die PC-Version, bei den Konsolen-Pendants sollen technische Probleme auftreten oder aufgetreten sein. Vom Entwickler gibt es bereits Patches. Vielleicht kann der ein oder andere Leser mit einer Konsolenversion (PS4 und Xbox One) ein kurzes Feedback via Kommentar oder auf unseren Social-Media-Kanälen hinterlassen?

Fazit

Es ist nicht einfach aus einer Romanvorlage ein Video-Spiel zu entwickeln. King Art Games haben hier unter Mithilfe von Markus Heitz einen wirklich guten Job gemacht. Für meinen Geschmack wurde die Welt und deren Charaktere sehr gut in die digitale Welt übertragen (es gibt übrigens auch für Kenner der Serie neue Dinge zu entdecken, wie Quests und Charaktere). Die Geschichte steht über allem und wird klasse erzählt, der Spieler hat trotzdem genug Möglichkeiten einzugreifen und dem Verlauf mit seinen Entscheidungen eine gewisse Richtung zu geben, so dass es sich nicht komplett linear anfühlt. Die großen Schlachten machen Spaß und können fordernd sein, die Zwerge sind ´ne sympathische Truppe und bei den ruhigen Sequenzen hört man gern zu. Ich hoffe auf einen Nachfolger mit dem oder den nächsten Büchern und hoffe, dass das Spiel die verdiente Unterstützung von den Spielern bekommt.

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