Setzen wir uns zu Beginn dieses Reviews kurz in eine Zeitmaschine und reisen ins Jahr 1994. Ein Spiel namens Transport Tycoon, entwickelt von einem gewissen Chris Sawyer, erblickt das Licht der Welt und fesselt unzählige PC-Spieler an den Bildschirm. Auch ich habe mir damals die Nächte um die Ohren geschlagen, immer auf der Suche nach Perfektionierung meiner Transportwelt.

Über 20 Jahre später schickt sich nun Urban Games an und bringt mit Transport Fever eine Art geistigen Nachfolger zu Transport Tycoon auf den PC. Das relativ kleine Entwicklerteam aus der Schweiz hat durch die Veröffentlichung von Train Fever im Jahr 2014 bereits Bekanntheit und Erfahrungen in dem Genre gesammelt. Mit dem Nachfolger baut man nun auf diesem Gerüst auf und bringt einige Neuerungen an den Start, die wir im Folgenden unter die Lupe nehmen möchten.

Zu Lande, zu Wasser und in der Luft

Der Schwerpunkt bei Transport Fever liegt auf dem Schienen- und Straßenverkehr, im Gegensatz zu Train Fever dürfen wir uns dieses Mal aber auch aufs Wasser und in die Luft begeben. Dabei stehen uns über 120 Fahrzeuge, Züge, Flugzeuge, Schiffe, Busse etc. zur Verfügung, die sich über einen Zeitraum von 150 Jahren erstrecken.

Das Spielprinzip ist relativ einfach erklärt: unsere Aufgabe ist es ein effektives Transportsystem für Passagiere und Güter auf die Beine zu stellen. Zur Verfügung stehen uns dafür verschiedenste Möglichkeiten zu Lande (Schiene und Straße), zu Wasser und in der Luft. 

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Erstmals dürfen wir auch Flugzeuge einsetzen.

Aller Anfang ist einfach

Wir haben die Wahl zwischen 2 Spielmodi: Endlosspiel und Kampagne. Die Kampagne spaltet sich in eine Europäische und eine Amerikanische, die jeweils mit historischen Missionen aufwarten können und sich beide erfrischend abwechslungsreich spielen und von guten Sprechern untermalt werden. Es gibt interessante Nebenaufgaben und durch den historischen Ansatz hat man das Gefühl aktiv an der Geschichte teilzuhaben. Derlei Kampagnen hat man schon wesentlich trockener und belangloser gesehen, dafür gebührt Urban Games ein kleines Sonderlob.

Das Herzstück bildet aber das freie Spiel. Hier können wir einige Bedingungen, sowie die Region (USA oder Europa) und die Kartengröße festlegen und uns eine zufällige Karte generieren lassen. Und es sei extra erwähnt: eine große Karte ist wirklich groß! Hier sollte man allerdings einiges an Rechenpower mitbringen, wenn man keine Diashow spielen möchte.

Haben wir uns für eine Karte entschieden, kann es endlich losgehen. Wir verschaffen uns einen Überblick und planen erste Linien. Wir sorgen für einen reibungslosen Nahverkehr in einer Stadt, bringen Pendler von Stadt A nach Stadt B und kutschieren erste Güter und Rohstoffe über die Karte. Straßen müssen gebaut und umgebaut werden, Schienen verlegt und das Gelände angepasst werden, dazu müssen wir natürlich passende Fahrzeuge für unsere Linien kaufen. In den ersten Spielstunden geht das alles recht einfach und gut von der Hand.

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Im Jahr 1850 fährt eine Baldwin’s Six-Wheels über die Schienen.

Immer schön die Übersicht behalten

Im Spielverlauf wird unsere Aufgabe zwangsweise komplexer. Wir müssen die Stadtentwicklung, das Passagierverhalten, unsere Wirtschaft (unser Geld!) und unsere Produktionsketten im Überblick behalten. Da wir nicht mit Geld um uns werfen können ist eine vorausschauende Planung wichtig. Umwege und Produktionsstaus kosten bares Geld und sollten möglichst vermieden werden. Hat man erst einmal mehrere Städte erschlossen, einige Produktionsketten am Laufen und eine Reihe Linien zu verwalten, ist es nicht immer einfach den Überblick zu behalten. Es gibt zum Glück eine Reihe hilfreicher Tools, auf deren Hilfe wir nicht verzichten sollten.

Diese Komplexität entwickelt aber recht schnell einen Sog. Es macht einfach Spaß seine kleine Welt zu beobachten, Schwachstellen zu erkennen und auszubessern und sein Transportunternehmen zu perfektionieren. 

Leider ist die Bedienung in einigen Punkten etwas sperrig bzw. bockig. Die Menüs sind generell etwas unübersichtlich und man muss sie oft manuell verschieben, weil sie stellenweise außerhalb des Bildschirms liegen oder wichtige Punkte auf der Karte überlagern. Gerade anfangs sucht man auch mal etwas länger nach bestimmten Funktionen oder Infos, intuitiv geht anders, aber ist bei einem Spiel dieser Art wohl auch kaum anders zu lösen.

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Auch auf dem Wasser sind wir unterwegs.

Meine kleine Modelleisenbahn

Die Grafik strahlt den Charme einer Modelleisenbahnanlage aus. Und das ist durchaus positiv gemeint. Die Fahrzeuge sind detailliert, in den Städten gibt es einen gewissen Wuselfaktor durch Passanten und Autos und über die Karte fahren Züge, Schiffe ziehen ihre Bahnen im Wasser und in der Luft fliegen Flugzeuge. Auch wenn die Grafik bzw. Technik hier eher zweckmäßig und zweitrangig ist: sie passt einfach gut zum Spiel.

Auf der akustischen Seite sind die deutschen Sprecher großartig, die Soundeffekte passend, aber die Musik plätschert eher belanglos aus den Lautsprechern.

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Einiges los in der Stadt.

Fazit

Ich habe als Railroad Tycoon Fan große Hoffnungen in das Spiel gesteckt und diese wurden größtenteils auch erfüllt. Es bietet vom Start weg viele Möglichkeiten, sei es durch die interessante Kampagne oder dem komplexen freien Spiel und verspricht durch den Steam Workshop einiges an spannendem Content aus der Modding-Szene für die Zukunft.

Was mir fehlt ist allerdings ein zumindest optionaler Gegner, sei es nun durch die CPU oder sogar einen menschlichen Gegenspieler. Der Wettkampf um das beste Transportimperium dürfte eine spannende Sache sein. Natürlich ist das ein komplexer Part, den man nicht mal eben so ins Spiel baut, aber es müssen ja noch Wünsche für die Zukunft bleiben.

Das kleine Team aus der Schweiz hat mit Transport Fever auf jeden Fall eine gute Grundlage geschaffen und wird sicher mit Hochdruck weiter am Spiel arbeiten. So gab es schon wenige Tage nach Release eine Reaktion auf die Kritiken der Spieler mit der Erklärung der ersten Schwerpunkte für Verbesserungen. So muss die Kommunikation zwischen Spieler und Entwickler sein.

[pricemesh]

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