Urlaub im Gerichtssaal

Eigentlich möchte der gutmütige Anwalt Phoenix Wright in „Khura´in“ nur seiner ehemaligen Assistentin Maya Fey einen Besuch abstatten, die hierzulande die Riten einer Priesterin studiert. Schnell überschlagen sich jedoch die Ereignisse, und das Leben eines jungen Mönches namens „Ahlbi“ steht auf dem Spiel. Ahlbi wird des Mordes und des Diebstahls eines Palastschatzes bezichtigt und hat sich vor Gericht zu verantworten. Kurz nachdem ihr im Gerichtssaal eintrefft, wird das Urteil des Richters aber schon gefällt, welches Albi für schuldig erklärt.

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Nachdem ihr eure Verwunderung kundgetan habt, wird euch von der Priesterin Rayfa, die zugleich Kornprinzessin des Landes ist, eine Vision gezeigt. Diese spiegelt sich in einer Quelle, welche sich inmitten des Gerichtssaals befindet, wieder und zeigt die letzten Eindrücke des Opfers. Darauf zu sehen: Ahlbi mit hoch erhobenen Händen, als stände dieser kurz davor, das Opfer zu erschlagen. Wenig später wird alles schwarz. Es sieht also nicht gut aus für den Angeklagten. Für seine Verbrechen wird in Khura´in allerdings nicht nur der Täter selbst, sondern auch dessen Strafverteidiger hingerichtet, sollte dieser es nicht schaffen, den Richter von der Unschuld des Angeklagten zu überzeugen, weshalb es im Land schon seit zwanzig Jahren keine Strafverteidiger mehr gibt. Die Menschen in Kuhura´in vertrauen den gezeigten Visionen der Priesterin außerdem voll und ganz, weshalb ein normales Gerichtsverfahren hier schon lange nicht mehr stattgefunden hat. Aber Phoenix Wright wäre nicht Phoenix Wright, wenn er sich durch solche Kinkerlitzchen beirren ließe. Trotz des Chaos ist er fest entschlossen, den Jungen zu verteidigen und das Gericht von dessen Unschuld zu überzeugen. 

Aber nicht nur Phoenix hat mit Problemen zu kämpfen. In seiner Heimat müssen „Apollo Justice“, ein Kollege von Phoenix Wright und seine Partnerin Athena die Stellung im Gericht halten, in der unter anderem Phoenix´s Tochter „Trucy“ angeklagt wird.

Einspruch Euer Ehren! 

Fall für Fall schlagt ihr euch abwechselnd mit Phoenix Wright oder Apollo Justice durch die abenteuerlustige Geschichte, wobei ihr oftmals erst während des Verfahrens genau versteht, was eigentlich genau passiert ist. Dabei nehmt ihr Zeugen ins Kreuzverhör und deckt deren Unstimmigkeiten mit den Beweisen auf. Neben dem Vergleich mit der gezeigten Vision stehen euch noch andere Mittel und Wege zur Verfügung, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. So kann Athena mit ihrem „Widget“, welches sie wie eine Kette um den Hals trägt, zum Beispiel Unstimmigkeiten zwischen den Aussagen und den Gefühlen eines Zeugen erkennen oder Phoenix mithilfe eines Talismans offensichtliche Lügen einer Person aufspüren. apollo_justice_dlc_episode_4_1474550658

Viele Plottwists haben immer wieder eine neue Sicht auf den Fall zur Folge. Ganz einfach gestaltet sich das Ganze nicht, denn ihr müsst schon immer ganz genau auf die Aussagen der Charaktere achten, um die Hinweise richtig zuordnen zu können. Manchmal denkt der Spieler dabei auch schon weiter, als die Novelle ihren Lauf nimmt und obwohl ihr euch den nächsten Schritt schon denken könnt, musst ihr den Weg dorthin natürlich trotzdem erst mal freilegen. Der Schwierigkeitslevel ist daher relativ hoch, was aber keine negative Kritik sein soll. Er zwingt den Spieler eben dazu, sich genau mit der Materie zu befassen. Und falls ihr doch einmal das „Schuldig“ Urteil nicht abwenden könnt, was in diesem Spiel mit einem „Game-Over“ gleichzusetzen ist, so könnt ihr anschließend wieder direkt in der Szene einsteigen, in der ihr gescheitert seid. Es wird kein unnötig langer Dialog wiederholt, sondern nur das, was ihr zur richtigen Kombinationsgabe noch mal gelesen haben solltet. Falls ihr euch an einer Stelle also doch mal die Zähne ausbeißt, so funktioniert immer noch das „Trial and Error“ – Spielprinzip. apollo_justice_dlc_episode_1_1474550659

Hohe Ansprüche fordert der Titel auch an eure Englischkenntnisse. Da euch keine deutsche Sprachausgabe zur Verfügung steht, wird euch mit den Fachbegriffen aus dem Gerichtsaal einiges abverlangt. Außerdem haben einige Charaktere aus Khura´in die Angewohnheit, in sehr gehobenen und altertümlich-ehrwürdigen Zungen zu sprechen, was über das Wissen, das man im normalen Englischunterricht lernt, bei Weitem hinausgeht. Persönliche Empfehlung: Nicht Abschrecken lassen, sondern nebenher am PC unbekannte Wörter übersetzen lassen. Teils mag es nur unnötiges Geschwafel sein, was die Charaktere von sich geben, hier und da wird die Aussage aber doch benötigt.

Qualität genehmigt.

Zahlreiche altbekannte und neue Charaktere trumpfen mit kunterbunter Grafik, sehr viel Individualität und sympathischer Emotionsvielfalt auf. Die humorvollen Dialoge und Versprecher, aber auch die geladenen Wutausbrüche und die nicht vorhersehbaren Gestaltänderungen zahlreicher Charaktere machen das Spiel zu einem wahren Humorfest. Trotz der Tötung zahlreicher Opfer und eigentlich makaberer Handlung gelingt es dem Ableger, niemals ins Triste oder gar Deprimierende abzurutschen. Schmunzeln muss man vor allem bei der gelungen übertrieben dargestellten Gestik und Mimik der im Anime-Stil gehaltenen Charaktere, die einfach nur zum Schießen komisch sind. Jeder Charakter hat dabei seine ganz eigene Animationsserie, die ihm einen hohen Wiedererkennungswert einbringt. Da wäre zum Beispiel der Schnösel-Produzent Mr. Rednitz, der sich einen Fächer aus Geldscheinen bastelt, oder der angesehene Mönch, der auf der Laute ein Lied um das andere anstimmt, sowie die zuckersüße Zauberassistentin, der beim Jonglieren immer wieder der Stock auf den Kopf fällt.pwaa_spirit_of_justice_screens_episode3_01_1473323884

Grafisch sowie soundtechnisch holt der neue Phoenix Wright Titel alles aus dem Nintendo 3DS heraus, was irgendwie geht. Wundervoll stimmig komponierte Klänge harmonieren ausgezeichnet mit der jeweils gezeigten Szenerie. Dialoge wurden einwandfrei gescriptet und Protagonisten sowie Antagonisten beispiellos bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Einige Sequenzen werden sogar in hochwertigen Anime-Trickfilmen präsentiert und synchronisiert.

Fazit

„Phoenix Wright: Ace Attorney – Spirit of Justice“ ist, neben der Zero Escape Reihe, eine der besten Novellen, die ich je gespielt habe. Schon lange wollte ich die Serie antesten, jetzt hatte ich endlich Gelegenheit dazu. Der Titel ist von vorne bis hinten unterhaltsam, witzig, großartig gescriptet und voll von wunderbaren, eigensinnigen Charakteren. Mir hat der Titel sehr gefallen, ich würde mir wünschen, dass es in Zukunft mehr Novellen in dieser Qualität auch nach Deutschland schaffen. Ich habe jetzt jedenfalls einige Titel mehr auf meiner „to-do-Nachholbedarf-Liste“. Falls euch textlästige Spiele also nicht allzu sehr abschrecken, ist Phoenix-Wright auf jeden Fall das Must-Have des Herbstes.

 

One Reply to “Phoenix Wright: Ace Attorney – Spirit of Justice – Schuldig im Sinne der Unterhaltung!”

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