Stronghold Crusader II tritt ein schweres Erbe an. Zahlreiche Bugs plagten den indirekten Vorgänger, Stronghold 3, welcher vor einigen Jahren in nahezu unspielbarem Zustand auf den Markt kam. Gleichzeitig erinnern sich noch heute viele Fans an den legendären ersten Teil der Reihe ,der vor gut 15 Jahren zahlreiche Echtzeitstrategen begeisterte. Allerhöchste Zeit also wieder eine Kehrtwende zu alten Tugenden hinzulegen.

In Stronghold Crusader II schlüpft der Spieler wahlweise in die Rolle von König Richard oder Saladin, während der Zeit der Kreuzzüge.  Wie in Stronghold Crusader I dienen die Wüstenlandschaften rund um Jerusalem als Kulisse. Die Kampagne ist jedoch äußerst spärlich inszeniert und fällt insgesamt extrem dünn aus. Der Titel als „Lernkampagne“ täuscht jedoch darüber hinweg, dass sie bestenfalls ein rudimentäres Tutorial für Multiplayerschlachten bietet. Taktiken oder Angriffsstrategien lernt der Spieler hier nicht, stattdessen gibt es Bedienungsanleitungen für den elementaren Basisbau.
Ansonsten ist das Gameplay  grundsätzlich unverändert zum ersten Teil der Reihe. Der Spieler muss in einer Reihe von in sich geschlossenen Echtzeit-Schlachten zuerst eine funktionierende Wirtschaft aufbauen und die passenden Gebäude errichten, bevor es in die Schlacht geht. Das Ziel lautet dabei stets, die Festung des Gegners zu erstürmen und den gegnerischen Lord niederzustrecken. Da Soldaten teuer sind, ist die florierende Wirtschaft oft der Schlüssel zum Erfolg. So weit, so gewöhnlich.

Gutes (mittelalterliches) Leben

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Für das Ausheben von Truppen in Stronghold: Crusader II sind vor allem Gold / Beliebtheit wichtig.

Etwas interessanter wird das Burgmanagement bei der Frage, wie der Spieler die Bevölkerung dafür begeistern kann, in seiner Festung zu leben. Zu Beginn einer Partie startet man mit einer festen Anzahl an Bevölkerungseinheiten die dann für die verschiedenen Aufgaben (Holzfäller, Bauer, Soldat etc.) rekrutiert werden können. Um diese zu erhöhen, muss neben passenden Unterkünften auch stets die eigene Beliebtheit im Auge behalten werden. Diese kann erhöht werden in dem die Steuern gesenkt, die Rationen erhöht oder Gebäude für das leibliche und seelische Wohl errichtet werden. Wer temporär Ressourcen schonen oder mehr Geld erwirtschaften will, kann aber auch die Steuern erhöhen. Mit entsprechenden Konsequenzen für die Beliebtheit. Diese Verbindung von Beliebtheit und Truppenrekrutierung gibt dem Spiel ein Simulationselement und verleiht dem Wirtschaftskreislauf zusätzliche Komplexität. Gleichzeitig sorgt die Begrenzung auf die zwei zentralen Elemente Beliebtheit / Gold neben den drei Ressourcen zum Gebäudebau dafür, dass die Spielmechanik überschaubar bleibt.

Meine Burg läuft wie von selbst

Stronghold Crusader II Battle
So geordnet wir hier geht es in der Schlachten leider nur selten von statten.

Der Nachteil dieser einfachen Struktur wird offensichtlich wenn die Festung erst einmal fertiggestellt. Obwohl die Burg das zentrale Element von Stronghold ist, gibt es in der heimischen Festung nicht mehr viel zu tun, wenn die Mauern erst einmal errichtet sind. Sobald der Wirtschaftskreislauf funktioniert, bildet der Spieler seine Armee aus und hebt in der heimischen Festung wiederholt neue Truppen aus. Die Möglichkeiten die Befestigungen immer weiter auszubauen sind begrenzt. Zwar bieten hier die mitgelieferten Add-Ons einige Ergänzungen, wie etwa Kampfhunde die in Zwingern vor den Toren platziert werden können, aber die Auswahl ist überschaubar. Ähnlich wie in anderen Strategiespielen ist das zentrale Element also die Dynamik des Vorkämpfens zum Gegner, bei Minimierung der eigenen Verluste (Micro-Management) bei gleichzeitigen Nachbau / Ausbau der eigenen Wirtschaft und Truppen (Makro-Management). Im Vergleich zu anderen Titel der Branche bietet Stronghold: Crusader II jedoch deutlich weniger Möglichkeiten, da es nur eine kleine Auswahl verschiedener Einheiten gibt und keine dynamischen Elemente auf den Karten (wie etwa Observationspunkte in Starcraft II). Eine besondere Betonung des Einigelns in der eigenen Festung oder der Ausnutzung von geographischen Vorteilen wie Anhöhen sind eher selten.

Künstliche Intelli.. Dummheit

Aufgrund der schlicht gehaltenen Element bestehen die Kämpfe in Crusader II vor allem aus „wer hat die größere Gruppe an Truppen die nun wirr ineinander laufen“. Dabei ist besonders ärgerlich, dass oft nicht ersichtlich ist, welchen Vorteil (wenn überhaupt irgendeinen) eine bestimmte Formation bringt. Auch lässt sich nicht erahnen wann sich Einheiten in der „Todeszone“ gegnerischer Türme befinden. Dies gibt den Kämpfen eine eher chaotische Anmutung, die vor allem durch die Probleme der künstlichen Intelligenz noch verstärkt werden. Diese lässt sich ungerührt zusammenschießen lässt, sobald man selbst in Feuerposition ist. Ihre Schützen harren seelenruhig auf den Mauern aus, während die Felsbrocken herunterkrachen. Einen Schritt vor, um zurück zu feuern, oder einen zurück, um auszuweichen? Niemals! Auch aus den Vorgängern bekannte KI-Macken haben ein unrühmliches Comeback. Arbeiter folgen stur ihrem Weg zum Steinbruch oder zur Holzfällerhütte und werden kurz vor dem Ziel zusammengeschossen – nur damit der nächste Kollege sich auf den genau gleichen Weg macht und immer so weiter ohne Unterlass. Auch die gegnerischen Angriffs KI bekleckert sich nicht mit Ruhm, wenn sie Lücken in der Festungsmauer nicht direkt ansteuert, sondern zuvor lieber einmal die Burg umrundet, natürlich unter Abwehrfeuer. 

Nichts für Einzelkämpfer

Stronghold Crusader Multiplayer
In Multiplayer-Schlachten geht es ordentlich zur Sache.

Wirklich sein Potenzial entfalten, kann Stronghold Crusader II daher nur in Multiplayer-Partien, wo die KI-Probleme naturgemäß weniger ins Gewicht fallen. Hier können bis zu 8 Spieler auf Sage und Schreibe 36 verschiedenen Karten (von insgesamt 60!) gegeneinander in die Schlacht ziehen. Fehlende Plätze in einer 4 oder 8-Mann Karte lassen sich zwar mit KI-Kollegen besetzen, davon würde ich aber aus genannten Gründen abraten.

Fazit:

Mit Stronghold Crusader II liefert Firefly Studios ein eher mäßiges Echtzeit-Strategiespiel ab, welches ein wenig aus der Zeit gefallen scheint. Nicht nur gibt es kaum sinnvolle Neuerungen oder Ergänzungen am Gameplay, sondern auch die seit 15 Jahren vorhandenen Elemente werden immer noch von den gleichen Problemen heimgesucht. Wie kann es sein, dass ein Entwickler der seit über einem Jahrzehnt im Grunde dasselbe Spiel entwickelt, dafür keine funktionierende KI zustande bringt? Hinzu kommt die verwaschene Uralt-Grafik, die verzweifelt nach einer neuen Engine schreit. Ich bin alles andere als ein Grafik-Fanatiker, aber ein paar nette Effekte hätten nicht geschadet. Die Rettung für Wertung und Spielspaß kann lediglich der Multiplayer bescheren, dessen spannende Partien gerade in 4er Runden großen Spaß machen. Auch ist das bewährte Grundprinzip des Spiel natürlich nach wie vor solide, aber das reicht 2016 eben nicht mehr für den großen Wurf.

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