Akt 1 –  Pure Stringenz

Jack Joyce, unfreiwilliger Weltretter.
Jack Joyce, unfreiwilliger Weltretter.

Die Finnen sind bereits durch lineare und sehr storylastige Third-Person-Shooter bekannt geworden. Was habe ich damals die Qualen von Max Payne durchlebt, albtraumhafte Stunden hinter der Taschenlampe von Alan Wake verbracht und jetzt kommt der neuste Shooter und versucht meine riesigen Erwartungen zu erfüllen. Auf den ersten Blick gelingt dies leider nicht so gut. Die Grafik unterscheidet sich kaum vom 4 Jahre alten Max Payne 3. Das schlechte Anti-Aliasing, der inflationäre Effekt-Filtergebrauch und eine mangelhafte Kantenglättung hinterlassen eher einen eckigen Ersteindruck statt dem gewollt runden. Dennoch kann sich der Shooter in Bewegung sehen lassen und erfüllt stellenweise auch meine Next-Gen verwöhnten Augen. Angelehnt an das Steckenpferd von Remedy, finden sich auch hier keinerlei andere Modi, wie beispielsweise einen Multiplayer, ein reiner Singleplayer also – finde ich auch nicht schlecht. Auch die unterschiedlichen Levelabschnitte glänzen mit Stringenz und Gradlinigkeit, zwar gibt es auf dem Weg einige Objekte zu bestaunen, welche Upgrades ermöglichen oder die Story mit Details versorgen, doch die sind größtenteils so offensichtlich präsent wie beim Topfschlagen ohne Augenbinde – finde ich auch ok. Im heutigen Open-World-Feuerwerk ist eine limitierte Umgebung eine gelungene Abwechslung. Gelegentlich dürft Ihr kleine „Rätsel“ lösen, meist unter Einsatz eure Fähigkeiten, doch dazu später mehr. Diese lockern das Setting ein wenig auf, wirken aber oft unplatziert.

Akt 2 – Storywahnsinn

Die TV-Serie kann sich sehen lassen.
Die TV-Serie kann sich sehen lassen.

Kommen wir zum elementaren Teil. Wir spielen Jack Joyce, der, nachdem ein Experiment seines Bruders schief läuft, die Zeit vor dem Kollaps retten muss. Doch natürlich gibt es auch hier einen Antagonisten, der Übeltäter Paul hat andere Pläne. Auch er erfreut sich an übernatürlichen Kräften, welche ihn die Zeit manipulieren lassen. Die Grundlage für einen spektakulären Sci-Fi-Story-Mix ist also gelegt. Durch Brüche in der Zeit und die stetigen Reisen in Zukunft und Vergangenheit sorgen nicht nur für supermannähnliche Kräfte beim Protagonisten, sondern lassen Spieler über kleinere Logikfehler schmunzeln. Schnell stellt sich jedoch heraus, Jack ist eine wahre Maschine. Mit Waffen und Spezialfähigkeiten verteidigen wir uns gegen anrückende Soldaten und machen ihnen schnell den Gar aus. Die Story dreht sich also um die Rettung der Zeit und damit der Welt. Neben den Effekten für Zeitbrüche und gestörte Fragmente, sind auch Zwischensequenzen überaus gelungen und noch besser gefällt mir das Herzstück des Spiels – die TV-Serie. Eigens für das Spiel gedreht und mit Hochkarätern besetzt, erzählt uns die Serie, meistens aus der Sicht des Bösewichts die Story weiter. Vor jeder „Episode“ müssen wir zwischen 2 Entscheidungen wählen, diese haben Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Serie. Zwar entsteht hier keine neue Episode, zumindest nicht in voller Länge, aber bestimmte Abschnitte verändern sich tatsächlich und generieren einen Wiederspielwert. Der Spieler wird mit 4 Episoden á 22 Minuten verwöhnt, man kommt also auf gute 88 Minuten Seriengenuss – genial.

Akt 3 – (zeitliche) Limitation

Feuergefechte und Zeitanomalien sehen verdammt gut aus.
Feuergefechte und Zeitanomalien sehen verdammt gut aus.

Verlassen wir die abwechslungsreiche Geschichte von Quantum Break und widmen uns dem Punkt der Limitation. Diesen hat man nicht nur auf das Waffenarsenal angewandt, im Spiel erhaltet Ihr etwa ein halbes Dutzend unterschiedliche Wummen, sondern auch auf Gegnertypen. Neben normalen Polizisten, SWAT-Mitarbeitern und Juggernauts, warten noch Gegner in speziellen Zeitanzügen auf Euch, die es auch Gegner ermöglicht bestimmte Fähigkeiten einzusetzen und das war‘s auch schon. Kommen wir also zu den Fähigkeiten, die sehen nicht nur verdammt cool aus, sondern lassen euch die Gegner in Sekundenschnelle eliminieren. Mit einem Zeitschild schützt Ihr euch, eine Zeitblase auf einem Gegner fängt einen Teil eurer Projektile ab und lässt diese zeitgleich auf den Gegner los. Geratet Ihr in Bedrängnis, könnt Ihr „Wooshen“ (kurzer Zeitsprint der eine Zeitlupe am Ende aktiviert) oder den Woosh-Button gedrückt halten und Jack sprintet los, während die Zeit extrem verlangsamt wird. Dann wäre da noch der Zeitblick, der uns Gegner und wichtige Objekte offenbart und natürlich die Explosion. Einfach den Button gedrückt halten und Jack lädt die Kraft auf, schleudert diese auf Gegner und lässt sie explodieren – sieht wirklich gut aus. Generell machen Feuergefechte und der Einsatz eurer Zeitfähigkeite optisch einiges her und verleihen dem Spiel eine zusätzliche Dynamik, doch leider stellen die Gegner keine wirkliche Herausforderung dar und stellenweise hätte ich mir einfach weniger gewünscht. Zwar sind viele Gegner und optisch nette Schusswechsel eigentlich gerne gesehen, doch teilweise füllen die Bösen eine Lücke, die man Lücke hätte sein lassen sollen – Story und Dramaturgie hätten sich bedankt.

Akt 4 – Gunplay und der andere Kram

Die Explosion pulverisiert Gegner locker.
Die Explosion pulverisiert Gegner locker.

Das Gunplay passt in meinen Augen, die Waffen verhalten sich im Großen und Ganzen wie ich es erwarte. Außerdem kann man flexibel die Zielhilfe einstellen oder eben manuell zielen, das Target Locking funktioniert hier sehr gut. Deckung sucht Ihr euch in Quantum Break automatisch, es erinnert sehr an The Division, allerdings nicht in diesem Umfang. Seit Ihr einmal nicht am Ballern oder in einem Dialog, warten häufig kleinere Rätsel oder „Kletterpassagen“ auf Euch und Jack. Diese sind zwar unterhaltsam und auch teilweise optisch ein Genuss, wirken aber auch oft eher steif und unrund. Wie schon gesagt, Dialoge und Story zeichnen Quantum Break aus, doch was, wenn man keine Lust auf Gerede hat, sondern sich eher dem actionlastigen Part widmen will? Kein Problem, denn alle Dialoge, TV-Episoden und Ereignisse lassen sich überspringen und zu einem späteren Zeitpunkt über das Hauptmenü auswählen und anschauen. Die Story ist allerdings so linear, dass auch Skipper der Zwischensequenzen gut hinterherkommen und das in meinen Augen eher schwache Ende hinterfragen können. Wer sich voll auf das Game einlassen möchte und einige Fragen beantwortet haben will, der kann sich auf die Suche nach E-Mails, Postern und sämtlichen Zusatzinformationen machen. Diese runden das Spiel auf der Storyebene auf jeden Fall ab und geben die nötige Tiefe. Doch auch diese Füller ändern nichts an dem ernüchternden Ende. Gibt es doch wichtige Entscheidungen, großartige Inszenierungen, Verfolgungsjagden und einen Bösewicht, der nicht erst in den letzten 5 Minuten des Spiels vorgestellt wird. In Anbetracht dessen hätte man sicherlich noch ein etwas epischeres Finale in den letzten Akt einbauen können.

Akt 5 – Fazit

video
play-rounded-fill

Abschließend lässt sich sagen, mit Quantum Break eröffnet sich eine Hassliebe. Grafisch keines
falls dem aktuellen Stand entsprechend und auch spielerisch sicherlich kein absoluter Toptitel, doch auf einem soliden Niveau. Mit viel Aufwand, der Produktion einer eigenen Serie und dem mutigen Schritt Gameplay mit realer Szenerie zu verbinden, gelingt es Remedy alles zusammenzuhalten und für gute Unterhaltung zu sorgen. Besonders in den TV-Episoden kann man sich einfach zurücklehnen und genießen. Trotz der puren Stringenz und enttäuschender Limitation, schafft es Quantum Break mich zu begeistern. Zwar leider nicht wie ich es mir erhofft habe, doch erzeugt es den Wunsch auf eine zweite Runde, mit anderen Entscheidungen und anderen Szenen.

Weitere Beiträge