Denkt an den Moment, direkt, bevor ihr im Alltag etwas aufhebt. Ihr guckt euch den Gegenstand erst an, bewegt euch dann zu ihm hin und greift zu. Die Interaktion mit einem Computer funktioniert ähnlich, in der Regel nur viel langsamer. Man schaut auf sein Ziel, bewegt dann die Maus/Controller darauf zu und klickt. Beim Controller kommt hinzu, das Kamera und Bewegung separat voneinander gesteuert werden, was oft zu größerer Ungenauigkeit führt. Die Eye-Tracking-Technologie (zu Deutsch etwa „Augenverfolgung“) von Tobii Technologies will diesen Prozess vereinfachen und damit neben vielen praktischen Bereichen auch die Immersion beim Spielen erhöhen. Statt langsamer Bewegungen soll ein Blick ausreichen.

Tobii EyeX wird direkt am Monitor montiert.
Tobii EyeX wird direkt am Monitor montiert.

Nach dem unkomplizierten Aufbau (Achtung, Tobii EyeX muss exakt vertikal ausgerichtet sein!) und Installation geht es in die Gewöhnungsphase. Wenn man einen Titel oder eine Reihe bislang konventionell mit dem Controller oder der Maus gespielt hat, bedarf es mit Tobii etwas an Übung. Da die Bewegung der Augen hin zu interessanten Objekten auf dem Bildschirm aber in der Regel  intuitiv erfolgt, hat man sich nach 1-2 Stunden  eingefuchst.
Bisher funktioniert Tobii EyeX nur mit etwa 20 ausgewählten Spielen, darunter eine handvoll Toptitel wie Arma II. Am besten erleben kann man den hohen Komfort von Eye-Tracking bei Assassin’s Creed: Syndicate. Zum Beispiel beim Kutschenrennen, wo man durch einen Seitenblick mit den Augen, sozusagen um die Ecke schauen kann. Die Kamera wird dann neu justiert und erlaubt einen Ausblick darauf, was uns beim Abbiegen als nächstes bevorsteht. In der Realität, zum Beispiel beim Auto oder Fahrrad fahren, tun wir dies ebenfalls. Es funktioniert also ähnlich dem „straffen“ (dem Seitschritt), nur eben mit den Augen und erhöht die Übersicht enorm. 

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Assassine mit Laseraugen!

Am beeindruckendsten kommt EyeX in Verbindung mit dem Greifhaken zur Geltung. Bei Assassins Creed Syndicate wählt der Spieler das Ziel für den Greifhaken aus, in dem er die Kamera darauf lenkt. Mit EyeX ist das nicht mehr nötig. Wie im obigen Video zu sehen, kann der Spieler einfach das Ziel für den Greifhaken angucken und Zack! ist es anvisiert. Das geht nicht nur schneller und ist deutlich genauer als mit dem fummeligen Analog-Stick, es ist auch deutlich immersiver und macht ungemein viel Spaß. Denn es steigert das in AC: Syndicate so wichtige Freiheitsgefühl. Außerdem ist es ein bisschen so als hätte man Laseraugen. Darüber hinaus erleichtert das Tracking die Auswahl der Gegner, indem man Ziele eines Angriffs einfach mit einem Blick auswählt und so die Rotation von Kamera und Charakter verringert.

In Son of Nor lassen sich mit EyeX Steine aufheben und auf den Gegner schleudern ohne den Charakter zu drehen. Eine Augenbewegung reicht.

Im Nischentitel Son of Nor lassen sich die telekinetischen Kräfte der Hauptfigur durch EyeX steuern. Dazu muss der Spieler einen Stein anvisieren und kann ihn dann per Augenbewegung auf die Gegner schleudern. Das ist zwar sehr unterhaltsam, auf Dauer aber auch ein wenig ermüdend.

Bessere Überlebenschancen mit EyeX

Unter den wenigen Top-Titeln, die bereits von EyeX unterstützt werden, findet sich neben AC: Syndicate vor allem das Bohemia Interactive Sortiment. So ist der Einsatz des Head-Trackings in Arma 2 und 3, sowie in DayZ möglich. Wie das untere Let’s Play-Video zeigt, steigert gerade der Einsatz in simulationslastigen Spielen die Immersion und den Spielspaß enorm. Mehr noch als bei AC: Syndicate trägt Tobii zu einem flüssigeren Spielerlebnis bei. Das kommt vor allem in der First-Person-Perspektive zur Geltung, denn dank Tobii lässt sich die Blickrichtung der Figur viel einfacher unabhängig von ihren Körperposition steuern. (Wofür man im Spiel normaler die Shift-Taste gedrückt hält.) Bei intensiven Spielen mit Schreckensmomenten – wie DayZ – zeigt sich allerdings auch immer wieder die Macht der Gewohnheit und unter Umständen bleibt die Steuerung durch die Maus schlichtweg entspannter, weil gewohnter. Auf Dauer mit dem Eye-Tracker zu spielen, ist bei DayZ sehr intuitiv und nicht annähernd so ermüdend, wie viele Spieler es etwa von VR-Brillen berichten.

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Ein Argument, was in der Diskussion solcher Gadgets oft zu kurz kommt, verleiht Tobii EyeX indes ohne Zweifel seine Daseinsberechtigung. Für Menschen mit einer entsprechenden Beeinträchtigung, die unser aller Hobby teilen, ist EyeX ein Segen. Wer nicht in der Lage ist klassische Eingabemöglichkeiten zu verwenden, wird so in die Lage versetzt, mitzuspielen. Zwar gab es schon länger spezialisierte Eye-Tracker für diese Zielgruppe, diese sind jedoch oft extrem teuer. Tobii EyeX, welches direkt auf der Seite des Herstellers bestellt werden kann, schlägt mit gerade einmal 120€ zu Buche.

Fazit

Tobii EyeX funktioniert und macht Spaß. Es gibt einem ein bisschen das Gefühl, Superkräfte zu haben, wenn man die Maus einfach mit dem Blick über den Bildschirm huschen lässt oder in AC: Syndicate seine Ziele auf nahezu magische Weise so auswählt. Die Möglichkeit bei DayZ und ARMA die Blickrichtung intuitiv und präzise zu steuern, ist ein großes Plus. Für Spieler, die z.B. gerne Simulatonstitel aus dem Hause Bohemia spielen, ist EyeX deal. Für alle anderen ist es momentan eher eine nette Spielerei für Zwischendurch, was vor allem an der eher kleinen Auswahl an Titeln liegt. Ob sich Tobii als ergänzende Steuerung empfiehlt, liegt also vor allem an den präferierten Titeln. Darüber hinaus ist es aber ein preiswertes und amüsantes Gadget, sowie eine ideale Spielhilfe für Gamer mit Beeinträchtigungen.

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