Cities: Skylines avanciert im Langzeittest vom Achtungserfolg zum Genreprimus und zeigt der Konkurrenz, dass das Genre der Städtesimulation noch voll im Saft steht. Wie es das macht, könnt ihr hier lesen:

 

Aufbaustrategiespiele sind des Deutschen liebstes Kind. Sich an Zahlen und Tabellen zu erfreuen und Dinge zu optimieren scheint uns da Glückseligkeit zu vermitteln, wo andere den Kopf (und die Hüften) schütteln.

An dieser Stelle möchte ich kurz abschweifen. Im letzten Tatort – wieder so ein deutsches Vergnügen – machte ein Drogenschieber den Kommissar darauf aufmerksam, dass der ihn ruhig einsperren könne, da er doch nur vom Nächsten ersetzt werden würde. Ähnlich denkt man auch wenn man zum ersten Mal Cities: Skylines startet. Vom Look ähnelt dieses nämlich am Anfang frappierend an den letzten SimCity-Teil – was den Grafikstil betrifft, hat man sich definitiv inspirieren lassen. Während SimCity jedoch der letzte Nagel im Sarg des Entwickler Maxis war, kann sich Colossal Order darüber freuen, den alten Silberrücken nicht nur ersetzt, sondern übertroffen zu haben.

cities-skylines_3-100568498-orig

 

Ärmel hochkrempeln und los geht’s!

Doch eins nach dem anderen und aller Anfang ist schwer. Wir starten mit einer Handvoll Penunsen in der Hand und einer Autobahnauffahrt, die zunächst einmal in Nichts führt. Doch wo sich jetzt noch die Pampas erstreckt, soll irgendwann vielleicht einmal eine Millionenstadt stehen. Zu Beginn errichten wir ein rudimentäres Straßennetz und weisen dem entstandenen Baugebiet mit dem praktischen Zohnenwerkzeug seine Funktion zu – in diesem Fall wollen wir ein Wohngebiet haben.

Wenn die Häuser stehen und die ersten Cims (jap, so heißen die „Sims“ hier) einziehen, erinnern wir uns recht schnell daran, dass ohne Strom und Wasser im 21. Jahrhundert noch niemand so richtig gerne irgendwo gelebt hat und errichten am nahegelegenen Fluss eine Wasserpumpstation und etwas abseits vom Wohngebiet ein Kohlekraftwerk. Jetzt noch schnell Strommasten und Wasserrohre gesetzt und alles ist gut!

..Achja, das Abwasser. Da uns das Spiel zu Beginn nicht überfordern will, und uns ohnehin das nötige Kleingeld fehlen würde, können wir noch keine Aufbereitungsanlage bauen, sondern leiten den ganzen Unrat per Abwasserrohr einfach wieder in den Fluss zurück.

…Achja, die Strömung. Wer an diesem Punkt merkt, dass die Bevölkerung des kleinen Dorfs krank wird, hat vermutlich das Abwasserrohr flussaufwärts gesetzt, sodass die matschige Brühe nun von unseren Pumpen als Frischwasser in die Stadt kommt.

So läuft das eben in der Städteplanung. Wer unbedarft und weitgehend planungsfrei Gebäude und Infrastruktur in die Umwelt klotzt, wird schon bald eine Quittung kriegen. Und das ist auch gut so! Skylines ist mal wieder so ein Spiel, bei denen man aus seinen Fehlern lernen kann, weil es eine logische Erklärung gibt und das Spiel auch die Güte hat, uns diese mitzuteilen.

cities_skylines_0007-pc-games

 

Das bisschen Haushalt..

Beim nächsten Mal wird es besser laufen und nach und nach kommen neue Optionen für uns als Städteplaner hinzu. Das Einkommen der Stadt wird durch Abgaben, Industrie und Dienstleistungen gesichert. Für das Geld bauen wir genretypisch immer ausgefeiltere Gebäude und versuchen den Bedürfnissen der Einwohner gerecht zu werden und gleichzeitig weiter zu expandieren. Denn Ministädte wie zuletzt in SimCity wird es hier nicht geben. Eine Millionenmetropole zu erschaffen ist zwar ordentlich anspruchsvoll, aber machbar! Denn sobald wir alle Optionen, die uns das Spiel bietet ausschöpfen, haben wir alle Hände voll zu tun und können etwa in bestimmten Vierteln schwere Transportfahrzeuge verbieten, oder auch das Rauchen, um etwas für die Gesundheit zu tun – vorausgesetzt wir können damit umgehen, dass das unsere Bewohner unglücklicher macht..

Und trotz der gewaltigen Größe der Stadt bleibt das Spiel detailverliebt. Wenn wir auf höchster Zoomstufe unseren Cims zusehen, erkennen wir, dass sie eigenständig kleinere Spielplätze in ihre Gärten bauen, wenn Nachwuchs da ist und einen geregelten Tagesablauf haben. Jeder Cim hat ein festes Haus und einen festen Arbeitsplatz, zu dem er gelangen muss. Hier wird also tatsächlich für jeden Bewohner ein eigenes kleines Leben simuliert.

cities070414_0037_layer-27

 

Tolle Aussichten

Und das muss auch sein, denn mit steigender Stadtgröße wächst auch der Verwaltungsaufwand. Cities: Skylines gibt uns dabei jedoch allzeit das Gefühl, dass wir der Lage mit genug Geschick und Kreativität Herr werden können. Das gilt insbesondere für das Verkehrsaufkommen. Hier merkt man dem Spiel an, dass sich sein Vorgänger bereits auf dieses Thema eingeschossen hat, denn hier haben wir beinahe unbegrenzten Freiraum. Wir bringen in Erfahrung, was oft genutzte Routen sind, bauen Umgehungsstraßen oder fördern den Öffentlichen Personennahverkehr und so weiter und so fort. Jedem Stau kann auf die eine oder andere Art begegnet werden und wer ein langanhaltendes Problem nach langem Tüfteln endlich gelöst hat, darf sich über eine Befriedigung freuen, die man so nur vom Besiegen von Endgegnern kennt.

Das Beste an alledem: Skylines setzt nicht auf Onlinezwang sondern ermöglicht ganz gemütliches Offline-Spielen. Das wiederrum öffnet Tür und Tor um im Editor eigene Kreationen zu erschaffen. Individualisierte Straßenkreuzzungen sind dabei genauso möglich wie eigene Gebäudemodelle. Die Modder-Community freut es. Binnen kürzester Zeit waren schon eine Mod zur Verschärfung des Schwierigkeitsgrads und Vergrößerung der Stadt verfügbar – und das sind noch bei weitem die konservativsten Schöpfungen.

 

Fazit

Für diejenigen von euch, die von SimCity enttäuscht worden sind, wird es keinen Weg um Cities: Skylines geben. Colossal Order ist es aus dem Stand gelungen, die Krone der Aufbau-Strategie zu erringen und geizt nicht mit Möglichkeiten der Planung und Simulationstiefe. Wenn man Spaß am Planen, Strukturieren und dem Finden von Lösungen hat, sollte man sich mal Cities: Skylines anschauen!

Weitere Beiträge