Epische Heldendramen, Kämpfe auf Leben und Tod, tieftraurige Tragödien: Die Antike und ihre Mythologie gab schon immer hervorragende Hintergründe für Geschichten aller Art her. Auch in Videospielen gibt es das ein oder andere Sandalenspektakel für Freizeithelden und bei dem Indie-Release Apotheon vom Studio Alientrap ist es nicht anders. Ob der Titel dem Setting jedoch seine besten Facetten abgewinnen kann, gibt es im folgenden Test.

 

Von allen guten Göttern verlassen

Was macht ein Gott, der keine Lust mehr auf seine eigene Kreation hat? Diese Frage endet meist ohne gutes Ende für die nichtsahnende Bevölkerung, die in diesem Spiel meist den Kürzeren zieht. So auch in Apotheon, dessen Geschichte dramatisch mit der Ankündigung beginnt, dass Zeus der Göttervater die Menschen verlassen hat und ihnen die Zuwendung des Olymp verwehrt. Ohne die Fruchtbarkeit der Demeter vertrocknen bald die Felder und ohne das Jagdglück der Artemis gibt es auch kein Wild mehr in den Wäldern. Mit anderen Worten: Die Welt versinkt im totalen Chaos. So auch das Dorf unseres Helden Nikandros, das im Prolog des Spiels überfallen und gebrandschatzt wird, während die Bevölkerung als Sklaven verschleppt werden. Nikandros kämpft wacker und kann das schlimmste verhindern, doch der Groll gegen die Götter wurde in seinem Herzen gepflanzt. Gemeinsam mit Hera, Gattin des Zeus und scheinbar letzte Verbündete der Menschen, schließt er einen Pakt, Rache gegen den Olymp zu erringen und Zeus höchst selbst von seinem Thron zu stürzen.

Eine bekannte Geschichte, wurde sie doch schon sehr überzeugend und spektakulär im Klassiker God of War erzählt. Und doch macht das Motiv des aufmüpfigen Sterblichen immer etwas her, vor allem vor dem Hintergrund des arroganten Olymp, der mit den Menschen ein Katz und Mausspiel treibt. In Apotheon wird der Stoff angemessen umgesetzt und bietet ein nettes Sightseeing durch die antike Welt der Mythologie. Von der Überquerung des Styx bis zur Erklimmung des Olymps muss sich unser Held so einigen herculanischen Aufgaben stellen, die so auch in einer antiken Heldensage hätten drin stehen können. Hier liegt der Größte Reiz von Apotheon: Das Nachspielen eines Mythos, der sich nicht nur dank der Geschichte verdammt echt anfühlt, sondern auch dank des gesamten Stils zum Leben erweckt wird. Doch dazu später mehr.

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Heldenregel XVI: Ein Held ist nur so gut wie seine Waffe

Die eigentliche Bewältigung dieser mythischen Aufgaben geschieht in 2D-Sidescroller Manier. Es gilt sich gegen jede Menge Ungetüme und Feinde zu erwehren und dazu steht ein interessantes Kampfsystem zur Verfügung. Mit eurer aktuellen Waffe könnt ihr nämlich drei verschiedene Attacken ausführen: Einen Stich, ein Schwung von oben und einen von unten. Diese machen unterschiedlich viel Schaden und verbrauchen unterschiedlich viel Ausdauer, welche natürlich begrenzt ist und sich im Dark Souls-Stil langsam regeneriert. Um gegen Gegner bestehen zu können, solltet ihr wenn möglich ein Schild ausrüsten, mit dem ihr gegnerische Treffer und Projektile abwehrt. Apropos Projektile: Neben dem klassischen Pfeil und Bogen stehen euch Wurfobjekte aller Art zur Verfügung, vom einfachen Stein bis zum Wurfspeer. Und als wäre das alles noch nicht genug, bietet euch Apotheon ein ganzes Arsenal an verschiedenen Nahkampfwaffen von unterschiedlicher Stärke und Qualität. Wenn ihr die Gelegenheit habt, solltet ihr übrigens so viele wie möglich davon bunkern, denn eure Ausrüstung hat nur eine begrenzte Haltbarkeit und es gibt nichts Peinlicheres für einen Helden als mitten im Kampf mit einer Bestie ohne Waffe dar zustehen.

Deswegen ist das Sammeln von Ressourcen nicht nur optional, sondern lebenswichtig. Nicht nur findet ihr so genügend von den schon angesprochenen Waffen, sondern auch Rohstoffe mit denen ihr nützliche Gegenstände wie Heiltränke oder eine Art antiker Molotov-Cocktails craften könnt. Hinzu kommen noch Faktoren wie eure Umgebung, in der enge Gänge eure Bewegung behindern oder von der Decke hängende Kohlenbecken explosive Überraschungen bereithalten.

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Alles in allem bemüht sich Apotheon sehr, dem einfachen, Brawler-haften Gameplay mehr Tiefe zu verleihen und das mit Erfolg. Schon früh stehen euch viele Werkzeuge zur Verfügung um Abwechslung in die Kämpfe zu bringen und dank der Ausdauer-Anzeige verkommt das Spiel nie zu einem ataktischen Hack-and-Slay. Die Crafting-Mechanik wirkt ein bisschen erzwungen, macht im Kontext eurer brüchigen Waffen allerding ein bisschen mehr Sinn, da ihr die Umgebung sowieso nach Ausrüstung durchforsten müsst. Es lässt sich auch debattieren, ob die zerbrechlichen Waffen wirklich nötig waren, da man so ziemlich zu jedem Zeitpunkt eine neue Waffe als Ersatz dabei und selten Ressourcen-Not hat. Aber so wird man zumindest ermutigt ein bisschen zu experimentieren und andere Waffentypen auszuprobieren.

 

Wie eine Amphore in Bewegung

Was als aller Erstes in Auge fällt wenn man Apotheon sieht, ist die phänomenale Ästhetik. Der Trick von Indie-Titeln, eine technisch einfache aber dafür auf Stil-Level völlig überzeugende Optik zu präsentieren ist auf keinen Fall neu, aber wenn es ein Spiel nach all den Jahren trotzdem schafft ins Staunen zu versetzen, dann ist das eine Leistung. So auch bei Apotheon, das seine ganze Spielwelt im Stile einer antiken Amphoren Bemalung präsentiert. Die direkten Assoziationen die dadurch geweckt werden manifestieren das Setting auf den ersten Blick und lassen den Spieler so tief wie möglich in diese antike Sage abtauchen. Die so entstehenden Farbschemata sind nicht bunt, sondern bestehen meist aus Mischungen aus Abstufungen eines Farbbereichs und Schwarz und erzeugen angemessene Stimmungen für jedes Level. Während die Animationen der Spielfiguren am Anfang ein bisschen eigenartig und steif wirken, stellt sich bald der Gewöhnungseffekt ein und die Illusion einer zum Leben erweckten Vasenmalerei verstärkt sich nur noch.

Hinzu kommen noch ein angemessener Soundtrack, saftige Soundeffekte und eine kompetente Vertonung durch überzeugende Synchronsprecher und runden das ästhetische Paket von Apotheon gekonnt ab.

 

Fazit

Selten sieht man einen Titel, der sein Setting so kohärent umsetzt. Während so manches Spiel sich der Thematik der griechischen Mythologie angenommen hat, schaffen es nur wenige so sehr wie Apotheon von der Geschichte bis zur Optik alles in einen Mantel der Antike und des Heldentums zu hüllen. Die Geschichte könnte direkt aus einem griechischen Sagenbuch stammen und schickt den Spieler auf eine Reise die eines altertümlichen Helden würdig erscheint. Das Gameplay bietet dank interessanten Mechaniken genug Tiefe um taktische Kämpfe zu ermöglichen und gibt unserem Protagonisten jede Menge Auswahlmöglichkeit was das eigene Arsenal angeht. Die einzigartige Ästhetik transportiert das Spiel vollends in die Welt der Mythen und Legenden und macht Apotheon zu dem, was es sein möchte: Eine spielbare Heldensage.

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